: „Weil keiner mit uns spricht“
■ Der Bremer Rennverein setzt auf einen Wechsel am 14. Mai / Neue Saison ab 2.4.
Der Rennverein will in die Offensive gehen. Am 2.4. wird die neue Rennsaison mit dem „Preis der Sparkasse“ eröffnet, am Feitag zuvor sollen in der Sögestraße ab 13 Uhr Freikarten verteilt werden - damit es richtig voll wird. Überhaupt soll es einen „Tag der Offenen Tür“ auf der Galopprennbahn in der Vahr geben, einen Renntag mit freiem Eintritt, 1996 will man 12 anstatt nur 10 Renntage im Jahr veranstalten - das Angebot ist jedenfalls einzigartig, und es kann nur aufwärts gehen, davon ist der geschäftsführende Gesellschafter Dietz R. Edzard überzeugt: „Freizeitvergnügen, Spannung und Gewinn - im Freien - wo haben Sie denn das?“
Das Problem des Rennvereins: Die Stadtgemeinde hat seit Jahren die Infrastruktur nicht mehr instandgehalten geschweige denn modernisiert. „Der Gastronomiebereich ist nicht zeitgemäßt ausgestattet“, formuliert das der Vorstand vorsichtiger. Auf deutsch: alles ein wenig verstaubt. Aber die Stadtgemeinde als der „Bedarfsträger“ will nicht investieren, sie will nicht einmal dem Gastronomen kündigen, um einen modernen Geschäftsmann das Feld zu überlassen. Die Stadt hat auch nichts gemacht, als eine Wetthalle abbrannte (Edzard: „Dieses Thema ruht auch“). Der Rennverein weiß nicht einmal, ob für die Wetthalle eine Versicherung bestanden hatte („Das nehmen wir mal an“) und ob die Stadt wenigstens eine Prämie kassiert hat. Vielleicht war die Halle auch nicht versichert.
„Wettbewerbsfähige Veranstaltungen, die dem Jahr 2000 Rechnung tragen“, verlangt der Wirtschaftsstaatsrat Haller im vergangenen Sommer in einem bösen Brief, und daß der „von uns gemeinsam als nicht geeignet angesehene Geschäftsführer“ abgesetzt wird. Ein „zukunftsorientiertes Konzept“ sollte verwirklicht werden, Walther Jacobs, der alte Mäzen des Rennvereins, habe aber alles kaputt gemacht.
Der frühere Geschäftsführer ist inzwischen abgesetzt, aber sonst ist man sich offenbar nicht näher gekommen. Im September hat es ein Gespräch gegeben, Jacobs und Edzard waren beim Wirtschaftssenator, und der habe gesagt, er wolle sich über die Details des Problems erkundigen „und dann würden wir von ihm hören“. Seitdem haben sie nichts gehört.
Wurde das Gastronomie-Thema im September angesprochen? „Soweit in die Details sind wir nicht gegangen“, sagt Edzard. Anderthalb Stunden hätte man zusammengesessen, läßt er sich entlocken - die Männer müssen die meiste Zeit geschwiegen haben.
Die Rennbahn steht im Tourismusförder-Programm, sogar mit 20 Millionen Investitionssumme, sie soll richtig volksnah und attraktiv werden - aber das Wirtschaftsressort traut diesem Rennverein das offenbar nicht zu. Staatsrat Haller, dessen Frau zwei Pferde auf der Rennbahn laufen hat und der selbst allzugern mitwettet, hat da seine eigenen Vorstellungen. Mal war eine populäre Trabbahn im Gespräch, mit der das Gelände besser ausgenutzt werden könnte - „Ist nicht zu machen“, sagt der Rennverein. Mal ein Golfplatz in der Mitte der Bahn. „Das ist ein Biotop da, und rundherum wird täglich trainiert“, wehrt der Rennverein ab.
Und solange der Rennverein sich sperrt, wehrt offenkundig auch das Wirtschaftsressort ab. Irgendwie geht es zwischen der Stadtgemeinde und dem Rennverein zu wie in einer zerrütteten katholischen Ehe: „Wenn wir zehn Wettage im Jahr machen, dann ist der Vertrag nicht kündbar, darum sind wir so aktiv“, versichert Edzard.
Aber klar sei auch, daß man „zusammenkommen muß“ mit dem zuständigen Wirtschaftssenator, damit die Infrastruktur entscheidend verbessert wird. Bis zur Wahl am 14.Mai wird aber nichts passieren. „Weil keiner mit uns spricht“, erklärt Edzard das. Und nach der Wahl am 14.Mai? Sieht der Rennverein eine Chance darin, daß ihm dann vielleicht ein anderer Wirtschaftssenator als Vertreter des „Bedarfträgers“ Stadtgemeinde gegenübersitzt? „Ja, sicher“, sagt der Geschäftsführer Edzard. K.W.
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