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Bosniens Regierung gibt sich zuversichtlich

■ Militärische Erfolge gegen die bosnischen Serben und erste Gespräche mit Belgrad / Anerkennung Bosniens durch Serbien gegen Aufhebung der Sanktionen?

Sarajevo (dpa/AP) – Die bosnische Regierungsarmee ist bei Tuzla im Nordosten Zentralbosniens offenbar weiter auf dem Vormarsch. Die Kämpfe konzentrieren sich auf den Funk- und Fernsehturm auf dem Stolica-Berg über Tuzla, der für den gesamten Nachrichtenverkehr der bosnischen Serben wichtig ist. Nachdem die bosnischen Regierungstruppen die Anlage am Donnerstag bereits beschädigten, haben sie sie gestern nach UNO-Angaben eingenommen. Dies wäre für die bosnischen Serben ein schwerer Verlust.

Während die Kämpfe eskalierten, kam es zu Kontakten zwischen den Regierungen in Sarajevo und Belgrad. Die amtliche bosnische Nachrichtenagentur BH Press hatte am Donnerstag gemeldet, Präsident Alija Izetbegović habe am Dienstag den Botschafter in der Schweiz, Muhamed Filipovic, zu Gesprächen mit Serbiens Präsident Milošević nach Belgrad geschickt. Dabei sei es um eine mögliche Anerkennung Bosnien-Herzegowinas durch Serbien gegangen. Bei der Begegnung handelte es sich – soweit bekannt – um den ersten direkten Kontakt zwischen Bosnien und Serbien ohne internationale Vermittlung.

Die Sarajevoer Zeitung Oslobodjenje begrüßte die Initiative gestern mit dem Hinweis, daß sie geeignet sein könnte, einen noch tieferen Keil zwischen Milošević und den bosnischen Serbenführer Radovan Karadzić zu treiben. Der serbische Präsident könnte sich neue Verbündete in Bosnien suchen, um den weiteren wirtschaftlichen Niedergang seines Landes zu verhindern.

In Belgrad verlautete, Milošević werde Bosnien möglicherweise bereits in der kommenden Woche anerkennen, falls ihm die Aufhebung der Wirtschaftssanktionen gegen sein Land zugesagt werde. Mit der Anerkennung der Grenzen Bosnien-Herzegowinas würde sich die Hoffnung der bosnischen Serben auf einen Anschluß ihrer Gebiete an Serbien zerschlagen.

Bosniens Außenminister Irfan Ljubijankic sagte in Sarajevo, wenn die Aufhebung der internationalen Sanktionen gegen Serbien und die Anerkennung Bosniens durch Belgrad parallel verliefe, habe seine Regierung nichts gegen die jüngsten russischen Vorschläge. Rußlands Außenminister Andrej Kosyrew hatte „neue Ideen“ im Zusammenhang mit der Anerkennung Bosniens vorgebracht, die jedoch nicht detailliert bekanntwurden.

Gegenüber der UNO schlug die bosnische Regierung zugleich härtere Töne an. Izetbegović drohte in einem am Donnerstag veröffentlichten Brief an UN-Generalsekretär Butros Ghali damit, das Unprofor-Mandat zunächst nur bis 30. April zu verlängern.

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