: Der Soundtrack zur Lavalampe
■ Abgehobene LSD-Optik zu äußerst irdischer Musik: „Monster Magnet“ waren da
„Monster Magnet“ sind clever: Mit ihren Fimmel für nostalgischen Psychedelic- Kitsch fallen sie in die 6Os/70s-Revival-Hysterie und ziehen alte wie junge FreundInnen der Bewußtseinserweiterung an. Durch ihren Heavy-Metal-Sound aber locken sie auch die Anhängerlnnen härterer Töne. Kein Wunder, daß das Modernes am Samstag zu ihrem Konzert brechend voll war.
Zuerst legten sich aber „Head-swim“ aus London ins Zeug, als seien sie der Haupt-Act, was sich ja auch so gehört. Zwar war ihr energisches Rock-Set aggressiver als erwartet, aber auch in höhere Sphären wollte die Band ihr Publikum entführen. Das Keyboard schien für jeden Ton neu verzerrt zu werden und bewies wieder Mal aufs schönste, daß dieses oft verteufelte Instrument sehr wohl seinen Stellenwert in der Rockmusik hat.
Bevor „Monster Magnet“ sich sehen ließen, beschauten sie den Saal erstmal mit düdeligen Geräuschen und gesprochenen Botschaften, die irgendetwas mit der Ausdehnung des Weltalls zu tun hatten. Man mochte meinen, so eine Band betritt nicht die Bühne, die landet drauf. Gegen dieses Intro und die Lavalampenprojektionen wirkte ihr Live-Sound leider weit weniger spacig. Es wurde schnurstracks Hard Rock gespielt, der höchstens mal psychedelisch auswaberte oder durch brummige Zwischenspiele vom Band verfremdet wurde. Dabei pflegte die Band ein exaktes Timing, das keine Langeweile aufkommen ließ: Ein jeder Musiker glänzte mal mit kleinen Soloeinlagen oder anderen Nettigkeiten, überkandidelte Solo-Egotrips aber ersparte man den Zuhörern. Eine solch zuvorkommende Bedienung des Publikums könnte man freilich auch als Routine bezeichnen. Und sowas ist selten befriedigend.
Interessanter gestaltete sich der optische Aspekt der Show. Die Truppe reist mit eigenem Licht- und Videokünstier, der eine eindrucksvolle Brücke zwischen altmodischer Drogen- und neumodischer Videoclip-Ästhetik schlug. Neben dem wiederkehrenden Motiv der Lavalampe implodierten Totenschädel im Takt der Musik, glitten Sonden durchs Weltall oder flogen Buchstaben wie L, S und D über Bilder von Tabletten. Und immer wieder diese verrückten optischen Rückkoppelungen, die man bekommt, wenn man einen an einen Fernseher angeschlossenen Camcorder auf den Bildschirm des Fernsehers richtet. Man kann sich das stundenlang ansehen und Weltbewegendes hineininterpretieren, und die Musik von „Monster Magnet“ liefert den kurzweiligen Rock-Soundtrack dazu.
Obwohl es mehr zu gucken als zu hören gab, wurde die Band abgöttisch gefeiert. Als Frontmann Dave Wyndorf zur zweiten Zugabe seine Gitarre ins Pubikum reichte, fand sie begeisterte Abnehmer. Die fanden allerdings, er hätte ja gleich sagen könne, daß er sie wiederhaben wollte. Letztendlich bekam er sie doch zurück – so zerfleddert, wie echte Rocker das eben gernhaben. Andreas Neuenkirchen
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