: SPD-Auseinander- setzung mit der PDS
■ betr.: „Kategorien des Kalten Kriegs zu den Akten legen“ von Thomas Krüger und Peter Strie der, taz vom 20. 3. 1995
Ja, es ist richtig, SPD (und auch Bündnis 90/Die Grünen) brauchen die Auseinandersetzung mit der PDS um Geschichte, Realpolitik und Zukunftsvisionen mit dem Ziel, die dauerhafte Etablierung dieser Partei zu verhindern. Auch wird ein rot-grünes Reformbündnis nur dann eine Chance haben, wenn es ihm gelingt, das Wählerpotential der Postkommunisten zu reduzieren. Allerdings ist es mit den – seit den Wahlerfolgen der PDS im Jahr 1994 dauernd zu hörenden – Aufrufen zum Meinungsstreit nicht getan. Jetzt hat endlich, auch im Hinblick auf den Berliner Wahlkampf, etwas Konkretes zu geschehen. So darf sich die Auseinandersetzung nicht weiterhin auf intellektuelle Diskutierklubs beschränken, sondern Öffentlichkeit und Breitenwirkung sind nötig. Allerdings entsteht hier die Frage, wer denn in Berlin dazu kompetent ist, und wer die nötige Courage aufbringt. Leider sind dies zu wenige, und so sollten sich sowohl SPD als auch Bündnisgrüne fragen, was sie denn in den letzten Jahren getan haben, um ihre Mitglieder und Anhänger zu einer solchen Auseinandersetzung zu befähigen.
Zu den Themen einer solchen Auseinandersetzung mit den Geschichtsinterpretationen der PDS, die übrigens durchaus nicht monolithisch und in Teilansätzen auch kritisch sind, gehört das Thema „Zwangsvereinigung“. Aber zentral ist etwas anderes: die Auseinandersetzung um Opposition und Widerstand unter der totalitären Herrschaft der SED sowie deren Unterdrückungsmaßnahmen gegen jeden Ansatz eines freiheitlichen oder demokratisch-sozialistischen Denkens. Hier geht es auch um die Zukunft, um Zivilcourage in den heutigen Strukturen.
Die hier geforderte geistige Auseinandersetzung hat nun allerdings nichts mit „Gesprächen und Kontakten“ zur PDS zu tun. Bei dieser Formulierung kann ich mich des Verdachts nicht erwehren, daß Krüger und Strieder den Kampf schon vor seinem Beginn verloren geben und statt dessen auf eine langsame Annäherung setzen. Dieser Eindruck verstärkt sich durch die Forderung an die SPD, den „moralischen Rigorismus ihrer ostdeutschen Gründergeneration“ aufzugeben (übrigens ist die SPD schon seit 1990 für „abweichende Biographien“ offen, nur nicht gerade für die der Nomenklaturkader).
Das Abgehen von den moralischen Prinzipien des Herbstes 1989 wäre genau der falsche Weg. Es geht vielmehr darum, auf diesem Rigorismus zu beharren und endlich Gesinnungsethik mit politischer Handlungsfähigkeit zu verbinden. Dies wird nicht leicht sein, der Versuch ist aber unabdingbar. Rainer Eckert
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