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■ Klimapolitik funktioniert auch ohne ÖlstaatenWem der Buhmann nutzt

Der Buhmann des Berliner Klimagipfels ist gefunden: Die Ölstaaten. Sie sperren sich mit diplomatischen Tricks und Geschäftsordnungs-Diskussionen gegen jede Art von Fortschritt bei den Verhandlungen. Ihre Forderung, internationalen Klimaschutz nur mit Konsens aller Beteiligten durchzusetzen, ist de facto der Versuch, den Prozeß zu stoppen. Denn der Zwang zur Einstimmigkeit lähmt jedes Gremium.

Doch die ganze berechtigte Kritik am Buhmann der Konferenz hat für die Industrieländer eine freundliche Nebenwirkung: Sie lenkt den Blick ab von ihren Staaten, ihrem Energieverbrauch und ihrer lahmen Klimapolitik. Die deutsche Umweltministerin steht plötzlich als Verhandlungsführerin da, die auf wirksamen Klimaschutz drängt und die Saudis überzeugen will – während sie vor ein paar Tagen ständig Kritik zu hören bekam: keine Energiesteuer, keine Drosselung des Pkw-Verbrauchs, keine Unterstützung des Vorschlags der Inselstaaten. Angela Merkel kann die ersten beiden Konferenztage tatsächlich als Erfolg feiern. Denn plötzlich ist der internationale Bösewicht der Staat, der das Öl fördert – und nicht der, der es verbraucht.

Nun stellen sich eine diplomatische und eine politische Frage. Die diplomatische lautet: Gelingt es in den nächsten Tagen tatsächlich, die Ölstaaten vom Konsensprinzip abzubringen? Mag sein, daß das klappt – mit ein paar Zugeständnissen in anderen Fragen, mit internationalem Druck und dem Zeitdruck am Ende einer Konferenz ist ein Erfolg denkbar. Doch wenn der diplomatische Erfolg ausbleibt, stellt sich die politische Frage: Braucht man die Ölstaaten tatsächlich für wirksame Klimapolitik? Müssen sie an einem Verhandlungsprozeß beteiligt bleiben, bei dem sie offensichtlich nur ein Ziel haben: ihn zu blockieren?

Schlichte Antwort: Nein. Denn wirksame Klimapolitik funktioniert auch ohne Opec-Staaten. Im Kern geht es dabei eben nicht um die Frage, wieviel Öl gefördert wird, sondern darum, wieviel von den Industriestaaten verbraucht wird. Und der Verbrauch läßt sich reduzieren, ohne daß der Produzent darauf viel Einfluß hat. Sollte in den nächsten Tagen in Berlin also keine sinnvolle Geschäftsordnung durchzusetzen sein, bleibt für Angela Merkel nur ein Weg, wenn sie ernstzunehmende Klimapolitik betreiben will: Sie muß den Eklat bei den Verhandlungen riskieren, den sie am Anfang so schön diplomatisch vermieden hat. Ein Auszug der Ölstaaten unter Protest wäre immer noch besser als ihre dauernde Obstruktion. Felix Berth

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