: Wer Geld haben will, benimmt sich nicht so
■ Pünktlich zur gestrigen Debatte im Abgeordnetenhaus über die finanzielle Misere der Hauptstadt-Kultur machte Bonn über die Presse ein neues Gesprächsangebot
Anton Pfeiffer, Staatsminister im Kanzleramt und zuständig für kulturelle Aufgaben innerhalb der Bundesregierung, hatte seine Einladung an Kultursenator Ulrich Roloff-Momin gut plaziert. Just am Tage, an dem das Abgeordnetenhaus über „Berlins Zukunft als Kulturhauptstadt“ diskutierte, nämlich gestern, lud er per Artikel in der Berliner Morgenpost zum Gespräch – „über Art und Umfang der Bundesförderung Berliner Kultureinrichtungen“.
Dieser Dialog ist angebracht. Der Bund hat vor drei Wochen statt der für 1995 benötigten 148 Millionen nur 30 Millionen Mark bewilligt, und davon sind auch noch 28 Millionen Mark bis „zur Vorlage eines längerfristigen Grundkonzepts“ für die Berliner Kultur gesperrt.
Man solle jetzt endlich, legte Pfeiffer nahe, das aus Bonn und Berlin paritätisch besetzte Kuratorium zur Erarbeitung einer „längerfristigen Grundstruktur der Förderung des Bundes für die hauptstadtbedingten Berliner Kultureinrichtungen“ bilden. Pfeiffer favorisiert dabei das Konzept einer Teilung von institutioneller und flexibler Projektförderung, nun müsse nur noch eine Liste eben derjenigen Institutionen erarbeitet werden, die als hauptstadtrelevant vom Bund gefördert werden.
Roloff-Momin bedankte sich gestern im Abgeordnetenhaus artig über die plötzliche Gesprächsbereitschaft. Die angeforderte Liste der zu fördernden Institutionen – darunter auch das durch Bonn- Berlin-Gezanke und Regierungsbegehrlichkeiten arg gebeutelte Haus der Kulturen der Welt – liege allerdings bereits seit zwei Jahren vor. Sie sei immer wieder aktualisiert und mit dem Bundesinnenministerium abgestimmt worden. Man sei offen für die von Pfeiffer offerierte Etatteilung und erwarte jetzt einen Gesprächstermin. Aber Roloff-Momin bekräftigte erneut, daß sich die kulturelle Hauptstadtförderung nicht nur auf jene Einrichtungen beziehen könne, die – wie etwa das Deutsche Historische Museum, das allein für Instandsetzungsarbeiten (einmalig) 450 Millionen Mark erhält – ohnehin einen „vertraglichen“ oder „historischen Anspruch“ haben, sondern auch Berlins „lebendige“ Kulturinstitutionen sichern solle.
Der kulturpolitische Sprecher der FDP, Peter Tiedt, eröffnete derweil die von seiner Partei angezettelte Debatte mit der Kritik an den kulturpolitischen Ansprüchen Roloff-Momins und ihrer mangelhaften Vertretung gegenüber Bonn. „Wenn der so weitermacht, kriegt er gar nichts“, zitierte er einen Bonner Zwischenrufer bei Roloff-Momins Bundestagsrede. Er habe Bonn keine „Kompromißvorschläge“ gemacht. Die waren allerdings, so Roloff-Momin, vom Bonner Innenministerium auch nie verlangt worden, lediglich der Finanzminister habe sich einfach gesperrt. „Wer Geld haben will, benimmt sich nicht so“, zitierte Tiedt unbeirrt weiter – und forderte abschließend, der Kultursenator solle sein „Zahlenpoker“ beenden und seine „Schmerzgrenze“ offenlegen.
Den Vorschlag von Bündnis 90/ Die Grünen, von den „verschwenderischen Zuschüssen“ für das Historische Museum rund 15 Millionen zugunsten der allgemeinen Berliner Kulturförderung zu streichen, hat der Bundestag vorgestern abgelehnt. Barbara Häusler
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