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Ähnlich wie das Rotlichtmilieu strukturiert

■ Die Gewalt unter den vietnamesischen Händlerringen hat in den letzten Jahren kontinuierlich zugenommen / Hohe Gewinnspannen als Anreiz für Schmuggel

Es geht um Geld, um viel Geld. Der blaue Dunst ist teuer. In der Bundesrepublik kostet die Stange Zigaretten, Steuern und Abgaben inklusive, im Schnitt 45 Mark. Im Nachbarland Polen dagegen ist die vergleichbare Stange schon für zwölf bis 15 Mark erhältlich, weil vergleichbare Abgaben nicht erhoben werden. Seit dem Fall der Mauer ist damit der Anreiz zum Schmuggel geschaffen. Der illegale Handel hat sich seitdem etabliert und die dahinterstehenden Organisationen werden werden immer straffer organisiert.

Bisher war der Zigarettenschmuggel in erster Linie ein Phänomen in den neuen Bundesländern und Berlin. Neuerdings beobachten Zoll und Polizei aber auch, daß die Glimmstengel aus dem Osten in westdeutschen Städten wie Hannover oder im Rheinland an die Raucher und Raucherinnen gebracht werden sollen. Wilfried Wieloch, Chef des Zollfahndungsamtes in Berlin, unterscheidet zwei prinzipielle Wege, wie das Schmuggelgut in die Bundesrepublik gelangt.

„Klassisch“ nennt er den Schmuggel über die Ostgrenzen. Die Kippen werden dabei in Autos und Zugabteilen versteckt; mitunter werden auch ganze Wagenladungen bei der Einfuhr falsch deklariert. Genutzt werde die „ganze Palette“ von Schmuggelmethoden, die Grenzschützern und Zöllnern bekannt sind.

Beim zweiten Verfahren bedienenen sich die Schmuggler internationaler Transitbestimmungen. Rollt ein Zug voller Zigaretten beispielsweise vom Freihafen Rotterdam über die Bundesrepublik nach Rußland, werden keine Abgaben erhoben. Nun fälschen die Schmuggler die Begleitpapiere der Tabakfracht und laden den Lkw mit Bestimmungsziel Rußland oder Polen kurzerhand irgendwo im Berliner Umland aus. Zollplomben, die ein Umladen der Fracht verhindern sollen, werden abgerissen und nach dem Austausch der Ladung mit Sekundenkleber wieder angebracht. Gefäschte Ausfuhrpapiere suggerieren, die Zigarettenladung hätte tatsächlich den ursprünglich angegebenen Zielort ereicht.

Das Geschäft ist ausgesprochen lukrativ, besteht doch schon die Ladung eines einzigen Lkw aus rund zehn Millionen Zigaretten, auf die bei einer regulären Einfuhr Abgaben in Höhe von zweieinhalb Millionen Mark entrichtet werden müßten. Allein in Berlin sind im letzten Jahr 85 Millionen Zigaretten beschlagnahmt worden. 7.000 Strafverfahren wurden eingeleitet. Der Steuerausfall wird mit über 20 Millionen Mark beziffert.

Der Klein- und Zwischenhandel wird überwiegend von Vietnamesen wahrgenommen. Nach den Erkenntnissen von Zoll und Polizei übernehmen die Wohnheime, wie das im Berliner Bezirk Marzahn, dabei die Rolle von Verteilerstationen. Verbindendes Element in den einzelnen Gruppen sind familiäre Beziehungen oder die gemeinsame Herkunft aus einer Region in Vietnam. Mit der straffer werdenden Organisierung der einzelnen Verteilerringe ist in den letzten Jahren auch die Gewaltbereitschaft unter den Gruppen stark gestiegen. Die Zigarettenmafia, meint etwa der Zollfahnder Wieloch, ist heute ähnlich strukturiert wie das Rotlichtmilieu. Mit den bekannten Folgen: Kampf um Marktanteile, Schutzgelderpressung und massive Zeugeneinschüchterungen. Wolfgang Gast

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