Bremen rettet Bremerhaven

■ Grüne präsentieren „Bremer Klimapaket“ zur Energieeinsparung und CO2-Reduktion

Noch bevor auf dem Klimagipfel der UNO in Berlin überhaupt die Politiker die Bühne erklommen haben, wissen die Bremer Grünen schon, was bei der Mammut-Konferenz für das Klima herauskommen wird: „Außer Spesen nichts gewesen“. Das jedenfalls verkündete der grüne Spitzenkandidat und Ex-Umweltsenator Ralf Fücks gestern vor der Presse. Die Hauptverantwortung für das geänderte Klima, den höheren Wasserpegel in den Ozeanen und stärkere Stürme liege in den Industrieländern, die immerhin drei Viertel des Klimagiftes Kohlendioxid in die Atmosphäre blasen. Auch wenn „erst einmal die Bundesregierung ihre Hausaufgaben machen sollte“ und endlich eine Energiesteuer, Besteuerung von Flugbenzin, neue Wärmeschutzverordnung und ein Umlenken in der Verkehrspolitik in Angriff nehmen sollte, heißt es für Bremen doch auch: „Klimaschutz beginnt vor der eigenen Haustür.“ Zu deutsch: die Grünen wollen Bremerhaven vor dem Absaufen retten.

Deshalb haben die Grünen ein „Bremer Klimapaket“ geschnürt, mit dem der CO2-Ausstoß drastisch gesenkt werden könnte. Darin steht nichts wirklich Neues, sondern eine Zusammenfassung aller energie- und klimapolitischen Maßnahmen, die Bremen dem erklärten Ziel der CO2-Reduktion um 20 Prozent bis zum Jahr 2005 näherbringen. Das Programm konzentriert sich auf die Hauptverursacher von CO2-Emissionen in Bremen: Energiewirtschaft, Industrie, Haushalte und Verkehr und auf mögliche Gegenstrategien: Sparen und Strom aus regenerativen Energien.

So hat der „offensive Fernwärmeausbau“ für Fücks hohe Priorität. Der derzeitige Versorgungsstand von 11 Prozent könnte in zehn Jahren verdoppelt werden, die benötigte Energie und damit der Ausstoß von CO2 für die Wärmeversorgung in Gebäuden um 40 Prozent reduziert werden. Der Industriepark West müsse seine Wärmeversorgung von den Stahlwerken Bremen beziehen, die heute noch „riesige Potentiale“ an Abwärme ungenutzt in die Gegend bliesen.

Über verbesserte Wärmedämmung an Haushalten wollen die Grünen bis zu 30 Prozent Energie einsparen. Ein vollständiger Ausbau der regenerativen Energiequellen Wind und Wasserkraft (Weserkraftwerk) könnte „20 Prozent der privaten Haushalte mit Strom aus regenerativen Energiequellen ohne CO2-Ausstoß versorgen“. Durch Energiesparen, regenerative Quellen, dezentrale Kraft-Wärme-Kopplung und ein Umdenken bei den Stadtwerken von der „Mega-Watt hin zur Nega-Watt“-Ideologie, zum modernen Dienstleistungsunternehmen, das auch in Stromsparen investiert, wollen die Grünen Renovierung und Neubau eines Kessels im Kraftwerk Hafen mit 150 MW Leistung im Jahr 2005 überflüssig machen. Der schöne Plan zur Energiewende wird es allerdings unter den aktuellen Bremer Bedingungen nicht leicht haben: Sollten 49,8 Prozent der Stadtwerke an die Energie- und Gaslieferanten Preag und Ruhrgas verkauft werden, so „verschlechtert das die Chancen für dieses Programm“, gab Fücks zu. „Ich bin gegen dieses Paket, aber ich bin auch gegen Fatalismus in dieser Sache.“

Auch mit der Autofahrerlobby wollen sich die Grünen anlegen, denn immerhin 14 Prozent des Bremer CO2 qualmt aus Auspufftöpfen. „Appelle reichen nicht aus, und niemand kann glauben, daß es so weitergeht“, meinte Fücks. „Wir stellen die Mobilität nicht in Frage, aber sie muß zukunftsverträglich sein.“ Das aber heißt für die Grünen Vorrang für Straßenbahnbau vor neuen Straßen, die Organisation von Fahrgemeinschaften, das Modellprojekt Autofreies Wohnen und die Realisierung eines zweiten Güterverkehrszentrums am Bremer Kreuz, um Verkehre auf die Schiene zu legen und den Lieferverkehr zu bündeln. Wenn bei der Verkehrsfrage nicht bald gehandelt werde, drohten in absehbarer Zeit autoritäre Maßnahmen, warnte Fücks. Der ehemalige Umweltsenator plädierte dafür, die bisher auf mehrer Ressorts verteilte Zuständigkeit für den Verkehr auf „maximal zwei“ zu begrenzen.

Das klimatische Umsteuern soll nach Willen der Grünen alle Teile der Gesellschaft erfassen. Sie wollen mit ihrem „Klimapaket“ daher an Verbände, Kirchen und Unternehmen herantreten und diese auffordern, konkrete eigene CO2-Reduktionspläne festzulegen. Schließlich soll auch im Bremer Haushalt ein Promille, also mit 7 Millionen Mark gut das Doppelte der heutigen Ausgaben für die Entwicklungshilfe, für die Förderung von Selbsthilfeprojekten in der „Dritten Welt“ veranschlagt werden. bpo