: Mit Luxuslinern in die City
■ Das „Sahnegrundstück“ Weserbahnhof II soll zum Anleger für Kreuzfahrtschiffe werden
Das wär doch mal was: Nach einer Fahrt durch Norwegens Fjorde oder das westliche Mittelmeer biegt das Kreuzfahrtschiff in der Deutschen Bucht in die Weser ein, und schippert gemächlich den Strom hinauf bis nach Bremen. Nachdem die erholten und nicht mehr seekranken Gäste an Bord das Anlegemanöver bewundert haben, streben sie von Bord und vergnügen sich in der Bremer City. Die Spielbank lockt, das Goetheplatztheater ist auch nicht weit, manch einer schafft es vielleicht nur bis in den Ratskeller.
Utopie? Bislang noch, aber an Plänen für ein Kreuzfahrtterminal in den alten und für Güterumschlag nutzlos gewordenen Hafenbecken und Kajen wird kräftig gearbeitet. Im Ressort für Umwelschutz und Stadtentwicklung wurde eigens eine Planungsgruppe Häfen eingerichtet, um die 25 Hektar mehr oder minder ungenutzten Geländes im alten Hafen umzustrukturieren.
Susanne Engelbertz und Sigfried Kotthoff, StadtplanerInnen der Planungsgruppe, begeistern sich vor allem für den Weserbahnhof II. Das Gelände schließt sich an das Stephaniviertel an, wird jedoch von der Innenstadt durch die Autobahn nach Oldenburg und die Bahntrasse abgeschnitten. FußgängerInnen und RadlerInnen verirrten sich bislang nur selten dorthin, einzig Angler schätzen den Ort. Zu den anderen Landseiten grenzen Kellogs und Eduscho die Hallen des Weserbahnhofs II ein, in denen jetzt noch Spielzeug lagert. Die Firmen seien jedoch kein Problem, logistisch günstige Ersatzflächen stünden bereit, sagt Susanne Engelbertz. Seit einigen Monaten stehen Modelle von ArchitekurstudentInnen in ihrem Büro. „Schön wär's, wenn es was wird“, meint sie, und ist optimistisch. Schließlich handelt es sich um ein „Sahnegrundstück“.
Es spricht ja auch alles für das Konzept. In den zu bauenden Gebäuden könnten Büros verschiedener Dienstleistungsunternehmen entstehen, ein kleines Hotel für Hafenfreaks, Kneipen, ein Restaurant und „kulturelle Einrichtungen“, wie Sigfried Kotthoff vorsichtig sagt. Statt Autokino in Zukunft also Bootskino von der Weser aus? Singen die drei Tenöre bald im Bremer Hafen? Oder soll dort gar endlich der Musicalstandort Bremen entstehen? Direkt vor den innovativen Komplex kommt der Anleger für Kreuzfahrtschiffe.
Investoren aus Bremen und anderswo stehen auch schon vor den Toren. Einzig der Senat konnte sich bislang nicht einigen. Die Umstrukturierung steht in den Koalitionsvereinbarungen, Engelbertz und Kotthoff hoffen daher, daß der Senat noch vor dem 14. Mai über den Weserbahnhof II beschließt. Im Grunde sind sich wohl auch alle damit befaßten Ressorts einig. Nur bei Hafensenator Uwe Beckmeyer „betrachtet man den Umbau neutral“. „Dagegen haben wir nichts“, sagt Uwe Wille, Pressesprecher im Hafenressort.
Reederei und Touristikunternehmen Hapag Lloyd würde sich jedenfalls freuen, wenn das Kreuzfahrtschiff „Bremen“ in Zukunft in seiner Namensstadt anlegen könnte. „Wir sehen einen Charme darin, nach Bremen zu kommen“, sagt Klaus Heims von Hapag Lloyd. Engagieren wolle man sich für den Umbau allerding nicht, nicht einmal für die Vertiefung der Weser direkt am Weserbahnhof II. Mit 4,80 Meter Tiefgang könne die „Bremen“ sonst nicht tidenunabhängig fahren. Daran wird es wohl nicht scheitern: Engelbertz und Kotthoff wissen, daß „sich noch mehr Touristikunternehmen für einen Kreuzfahrtanleger an der Weser interessieren.“ Ulrike Fokken
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