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Feuerprobe im Freizi

■ Beim II. „Nord-Off“in Alt-Aumund dominierte die Masse die Klasse

Wer es in Aumund schafft, der kann es überall schaffen. Das ist eine überregional kaum bekannte aber nichtsdestotrotz wahre Regel im Musikgeschäft. Das Aumunder Publikum ist als eisig verschrieen, und so schlotterten die neun Nachwuchs-Bands, die sich am Freitag zum zweiten Nord-Off-Festival im Freizi Alt-Aumund eingefunden hatten, wohl schon mächtig vor ihrem Auftritt.

Erstaunlicherweise schafften es gleich die ersten beiden Newcomer, das Eis zu brechen. „Pigs in Space“ machten mit einem Schweinerock-Opener nur anfangs ihrem Namen Ehre. Danach begaben sie sich mit punkigem Spaß-Rock und Texten über ihre Hoden auf „Ärzte“-Territorium, wo sie sich wohl fühlten und gut auskannten. Hin und wieder ein Ausflug zum Blues oder Rockabilly, aber immer schnell wieder zurück. Nach dieser feinen Einleitung folgte prompt der Höhepunkt des Abends. Hinter einem Namen wie „Jugendrockband Nord“ erwartet man allerhöchstens schulischen Projektwochen-Charme, aber ihr Metal-HipHop war von einer solchen Intensität und Professionalität, daß sich auch die skeptischeren ZuschauerInnen vor die Bühne wagten und mitfeierten. Da konnte man der Sängerin/Rapperin sogar verzeihen, daß sie ein bißchen zu sehr die Animateurin heraushängen ließ.

Ein Dämpfer mußte zwangsläufig folgen, aber gleich drei davon schien doch etwas übertrieben. „Just Say No“ und „Die Walker“ lieferten abgestandesten Alt-Herren-Rock mit breitbeinigen Posen und Feuerzeugballaden. „Die Walker“ forderten auf zum „abdancen“ und „Pardy machen“, aber dem mochte niemand nachkommen. Die nachfolgenden Bands waren nur erfolgreich, wenn sie Bekannte mitgebracht hatten. Der Rest des Publikum konnte sich damit trösten, daß der fliegende Wechsel der Akteure wenigstens keine Langeweile aufkommen ließ. An richtige Party-Stimmung war natürlich nicht zudenken. Da musikalisch unzurechnungsfähige Acts wie „Der letzte Versuch“ oder „Captain Crunch“ ebenso schnell von der Bühne waren wie kurzweilige Pop-Punker a la „My Friend Marvin“, entstanden zumindest keine Feindseligkeiten, obwohl sich manch Musikliebhaber ein dreckiges Lachen kaum verkneifen konnte, wenn eine selbsterklärte Hardcore-Band es nötig hatte, Marius-Müller Westernhagen nachzuspielen.

Daß nur zwei von neun Bands komplett überzeugen konnten, sollte allerdings die Veranstalter nicht von einer Wiederholung abhalten. Immerhin könnten diese beiden Bands das nächste große Ding sein, und dann ist man dabei gewesen. Andreas Neuenkirchen

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