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Illegaler Fleischverkauf

■ Vietnamesen sollen Fleisch aus Polen schmuggeln / Verein "Reistrommel": Vorwürfe sind hundertprozentig falsch

Vor ihren drei großen Wohnheimen in Marzahn sollen Vietnamesen „minderwertiges Fleisch von der Freibank und aus Polen“ verkaufen. Wie die taz aus Senatskreisen erfuhr, soll die Schmuggelware für drei Mark das Kilo „zum Eigenverbrauch und an deutsche Gaststätten“ verkauft werden. Das Fleisch werde von der Ladefläche nicht gekühlter Lieferwagen herab verkauft. Dahinter stünden offenbar nicht einzelne Verkäufer, sondern organisierte Kräfte. Bereits in der vergangenen Woche hatte die Ausländerbeauftragte Barbara John erklärt, es gebe Hinweise, daß vietnamesische Staatsangehörige „illegal mit minderwertigem und ungekühltem Fleisch“ handeln.

Tamara Hentschel vom deutsch-vietnamesischen Freundschaftsverein „Reistrommel“ wies „mit hundertprozentiger Sicherheit“ zurück, daß das Fleisch aus Polen nach Berlin geschmuggelt werde. Vielmehr kauften vietnamesische Händler das Fleisch im Großhandel und zum Teil auch direkt bei Brandenburger Bauern ein. Eine Belieferung von Gaststätten schloß sie ebenfalls aus. Tatsächlich gebe es vor den Heimen seit 1991 fliegende Verkaufsstände, an denen Fleisch und auch Fisch angeboten werde, diese dienten aber der Selbstversorgung.

„Reistrommel“ habe wiederholt in Flugblättern und Gesprächen darauf hingewiesen, daß der Straßenverkauf von Fleisch aus hygienischen Gründen problematisch sei – jedoch ohne Erfolg. Der Verein macht die zuständigen Bezirksämter für den Mißstand verantwortlich. „Seit Jahren versuchen die Leute, eine Genehmigung für ihre Verkaufsstände zu erhalten“, so Hentschel. Durch die Weigerung der Bezirksämter würden sie förmlich „dazu gezwungen, Gesetze zu verletzen“.

Nach Hentschels Angaben versicherten sich gelegentlich Mitarbeiter der bezirklichen Gesundheitsämter, daß vor den Heimen keine Stände seien. Bei Polizeikontrollen würden die Händler schnell verschwinden und ihre Ware zurücklassen. Die Polizei beschränke sich darauf, die vorgefundenen Stände abzuräumen. Aus der Tatsache, daß die Behörden das Problem seit Jahren nicht in den Griff bekommen, zieht Hentschel den Schluß, daß der Fleischverkauf „offensichtlich geduldet“ wird.

Wie Hentschel schildert, wird das Fleisch in Schaumpolysterol- Kisten verkauft, die bei warmem Wetter mit Eis gekühlt werden. Die Händler, die das Fleisch in den Wohnheimen gekühlt lagern, nähmen zudem nur kleine Mengen mit an den Stand. Die Attraktivität der illegalen Verkaufsstände erklärt Hentschel auch mit den Ladenschlußzeiten. „Die meisten arbeiten bis um 18 Uhr und können tagsüber nicht einkaufen.“ Und wenn sie es könnten, stünde das Fleisch schließlich auch ungekühlt in ihren Einkaufstaschen.

Das Problem ließe sich leicht lösen. Hentschel fordert eine Legalisierung der Verkaufsstände. Dann ließe sich auch die Kühlung sicherstellen. Dorothee Winden

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