: Ein richtig böser Rausch
Nach einem mühsamen 0:0 gegen den KSC droht Lauterns Trainer, seine titelunwilligen Spieler unsanft aufzuwecken ■ Aus Kaiserslautern Günter Rohrbacher-List
Zufriedenheit ist im Fußball ein zwar wünschenswerter, aber auch recht gefährlicher Gemütszustand, der leicht zur Selbstzufriedenheit degeneriert. So gab es wegen und trotz des 0:0 zwischen dem 1. FC Kaiserslautern und dem Karlsruher SC Zufriedene, weniger Zufriedene und Unzufriedene. Ciriaco Sforza, von den angeblich besten Fans der Liga vor dem Anpfiff wegen seines Wechsel zu Bayern München ausgepfiffen, machte seinem Ärger über das Gerede von der spielerischen Krise Luft. „Wenn Borussia Dortmund 11:3 Punkte in Serie holt, sind alle zufrieden. Uns pfeifen sie hier aus!“ Auf dem Spielfeld wirkte er gehemmt, kluge Pässe blieben diesmal weitgehend aus. Obendrein könnte Sforza inzwischen einen Feuerzeugladen eröffnen, hätte er all die Objekte gesammelt, die bei Eckbällen auf ihn niederprasseln.
Kaiserslautern, plötzlich ganz nah an Dortmund und Bremen dran, verkrampfte schon nach wenigen Minuten wie schon zuletzt beim 1:1 gegen Uerdingen. Die Aussicht, doch noch ganz oben landen zu können, macht zu Hause lahm statt flügge. Dem gegenüber stand ein nach Proklamation seines Jahrtausendzieles prompt aus dem Tritt geratener KSC, dem zudem sechs Stammspieler abgingen. Daß der KSC trotzdem in der ersten Halbzeit die klareren Chancen hatte, machte seinen Trainer Schäfer „zufrieden“. Gar nicht zufrieden war er aber, als ihm klar wurde, was seine Mannschaft da angesichts der Niederlage der Bayern an Terrain verschenkt hatte. Andererseits: Als die Schlußoffensive des 1. FCK verpufft war, durften die Karlsruher mit dem Unentschieden wieder zufrieden sein. Nicht so Lauterns Trainer Friedel Rausch! „Das lasse ich mir nicht bieten“, keifte er und kündigte seinen seit dem 0:4 von Mönchengladbach ungeschlagenen Spielern an, künftig „dazwischenzuhauen“. Nach den Auswärtserfolgen in Frankfurt, Stuttgart und in Schalke lief in den darauffolgenden Heimspielen jeweils wenig bis nichts. Vorgeschmack auf die Zeit nach Ciriaco Sforza.
Dessen potentiellen Nachfolger glaubt FCK-Manager Rainer Geye in den Reihen von Slavia Prag erkannt zu haben. Aber auf Patrick Berger (22), dreifacher Nationalspieler der Tschechischen Republik und zweifacher Torschütze beim 4:2 gegen Weißrußland letzten Mittwoch, sind auch andere aufmerksam geworden. Dortmund hat anscheinend die besseren Karten. Es gibt aber auch eine Meldung des französischen Fachmagazins France Football, Corentin Martins (26), Mittelfeldregisseur von AJ Auxerre, stehe mit Lautern in Verbindung. Geye dementiert derzeit: „Vier Millionen Mark sind für uns zuviel, zumal für einen Spieler seines Alters. Wer garantiert uns, daß wir ihn für mehr Geld wieder verkaufen können?“ Keiner. Und Friedel Rausch will sich zu Transferangelegenheiten „überhaupt nicht mehr äußern“. Immerhin Ciriaco Sforza, der über TF 1 das Geschehen in der „Premier Division“ verfolgt, kann sich den Sohn portugiesischer Eltern als seinen Nachfolger vorstellen. „Er ist ein guter Techniker, klein, aber sehr quirlig.“
Genaueres weiß auch Sforza nicht, dessen positives Denken in den kommenden Saison auf dem Betzenberg fehlen wird. Der Schweizer hat die Begabung, auch Situationen, in denen vieles schiefläuft und Unzufriedenheit sich breit macht, noch positive Aspekte abzuringen. Dieses Denken braucht Sforza für seinen Job bei den Bayern, denn Schmähungen wie die der FCK-Fans und Sprechchöre („Sforza ist 'ne Bayern-Sau“) wie jene der KSC-Anhänger werden ihm überall entgegenschallen.
Karlsruher SC: Reitmaier - Wittwer - Metz, Bilic, Schuster - Bolan (90. Kraus), Häßler, Fink, Tarnat - Carl (52. Wück), Schmidt
Zuschauer: 38.000 (ausverkauft)
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen