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Eine islamistische Internationale

Im Sudan übten islamische Politiker und Ideologen drei Tage religiöse Solidarität / Im Rampenlicht steht der im Westen als Terroristen-Vordenker gescholtene Hassan al-Turabi  ■ Aus Khartum Karim El-Gawhary

Drei Tage lang haben sie großen Rat gehalten: Ganz vorne verfolgten in ihren traditionellen Gewändern die Mudschaheddin der afghanischen Hisb-e-Islami aufmerksam das Geschehen. Die ägyptischen Muslimbrüder knüpften geschäftig auf den Gängen neue Kontakte. Der bärtige Chefideologe der islamistischen jemenitischen „Reform-Partei“, Scheich Abdul Magid Zindani, war ebenso von der Partie wie der Emir der pakistanischen „Islamischen Gruppe“, Qadi Hussein, und der Chef der US-amerikanischen „Nation of Islam“.

Über 250 Delegierte islamistischer Organisationen aus achtzig Ländern hatten sich seit Freitag im großen „Saal der Freundschaft“ direkt am Nil in der sudanesischen Hauptstadt Khartum versammelt. „Dritter Arabisch-Islamischer Volkskongreß“ hatten die Gastgeber die Zusammenkunft genannt. Gestern verlas dann der Organisator und Chef der „Islamischen Front Sudans“, Hassan al-Turabi, die Abschlußresolution. In deren Zentrum stand der Friedensprozeß mit Israel, die Konfrontation zwischen dem Islam und dem Westen und die Lage muslimischer Minderheiten weltweit. Die Konferenz, faßte Turabi zusammen, stelle sich gegen die Anerkennung Israels und die politische, wirtschaftliche und kulturelle Zusammenarbeit mit Israel. Sie verurteile jeglichen Versuch, „arabisches Territorium einzubehalten“ und „die palästinensische Identität auszulöschen“.

Gegenüber dem Westen gab sich die Konferenz eher moderat. Möglichkeiten des Dialogs sollten ausgeschöpft werden. Sogar gemeinsame Forschungszentren könnten gegründet werden. Außerdem müßten die arabisch-islamischen Medien besser entwickelt werden, um ihren westlichen Counterparts besser entgegnen zu können.

In der Eröffnungsrede am Donnerstag hatte sich Turabi noch aggressiver gezeigt: „Der Westen ist mit Hilfe von Mitgliedern der Nato auf Anti-Islam-Kurs. Die Teufel der Geheimdienste, die offiziellen Kulturvertreter, die Radio- und Magazin-Profiteure und Pseudowissenschaftler, sie alle sind dem Islam gegenüber feindlich gesinnt.“

Der charismatische Ideologe einer internationalen modernen islamistischen Bewegung rechnete auch mit der UNO ab. Sie sei nur eine Waffe gegen die islamischen Länder. Allein dazu da, sie politisch und wirtschaftlich zu isolieren. Schon vor der Konferenz hatte Turabi die von mehreren arabischen Staaten betriebene Normalisierung der Beziehungen zu Israel als „dunklen Tunnel, der fälschlicherweise Friedensprozeß genannt wird“, bezeichnet.

Vor dem Freitagsgebet hatte man sich zu einer ausgiebigen Sitzung zur Frage der Konfrontation zwischen dem Islam und dem Westen getroffen. In einer kurzen Rede des Außenministers Tschetscheniens, Schams Eddin Jussuf, kochten die Emotionen hoch. Immer wieder unterbrochen von „Allah ist groß!“-Rufen, klagte er islamische Solidarität ein. Zuvor hatte er in mehreren Golfstaaten medizinische und andere Hilfe zugesagt bekommen. Auf der Islamisten- Konferenz hoffte er, noch mehr Unterstützung zu finden, bevor er wieder in sein improvisiertes Büro im türkischen Istanbul zurückkehrte.

Die Konferenz soll in Zukunft jährlich abgehalten werden. Der Name „Arabisch-Islamischer Volkskongreß“ soll aufgrund zahlreicher Einwände nichtarabischer Teilnehmer in „Islamischer Volkskongreß“ umgewandelt werden.

Die gestern zu Ende gegangene Veranstaltung hatte teilweise Showcharakter. Im Rampenlicht stand Hassan Turabi, der versucht, sich als intellektueller Wegweiser einer islamistischen Internationale zu profilieren. Der Islamistenvordenker, der in London und Paris studiert hat, stellte sich geschickt als „ehrlicher islamischer Makler“ vor, der innerislamische Konflikte schlichten könne. Und davon gibt es wahrlich genug: der Krieg in Afghanistan, der Konflikt zwischen den somalischen Warlords, die permanenten Spannungen zwischen Iran und Irak...

Eine 23köpfige somalische Delegation mit Anhängern Ali Mahdis und Mohammed Farah Aidids war erst verspätet am Samstag in Khartum eingetroffen. Auffällig blieb das Fernbleiben islamistischer Oppositioneller aus den Golfstaaten. Turabi hatte sich offensichtlich entschlossen, die finanziell potenten Golf-Monarchien nicht unnötig zu provozieren. Der Streit unter den islamistischen Gruppen, ob in Zukunft mit oder gegen Saudi-Arabien Politik gemacht wird, bleibt damit weiter offen. Seit der saudisch-amerikanischen Allianz im Golfkrieg haben sich viele islamistische Gruppen von ihren ehemaligen Hauptsponsoren in Saudi-Arabien abgewendet.

Auf besonderes Interesse stieß die Konferenz bei französischen Medien. Ihre Vertreter munkelten von möglichen indirekten Gesprächen zwischen der algerischen Regierung und der „Islamischen Heilsfront“ (FIS) in Khartum. Der Washingtoner Sprecher der FIS, Anwar Haddam, war angereist. Er gilt als Hardliner mit guten Kontakten zur „Bewaffneten Islamischen Gruppe“ GIA, die für die meisten politischen Morde in Algerien verantwortlich gemacht wird.

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