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KurdInnen in Gewaltfrage gespalten

■ Keine gemeinsame Presseerklärung bremischer Organisationen

Eine gemeinsame Presseerklärung aller kurdischen Vereine angeregt durch die Ausländerbeauftragte Dagmar Lill, sollte es werden. Doch der Minimalkonsens, auf den sich die kurdische Jugendorganisation Komcivan, die Frauenorganisation Komjin, die Komkar, der Kurdisch-Deutsche Freundschaftsverein Bremerhaven und der Kurdisch-deutschen Verein für Völkerfreundschaft Hevalti geeinigt hatten, hielt nicht bis zur gestrigen Pressekonferenz. Vorgestern erfuhr Lill, daß Hevalti ausscheren würde.

Nach einem Austausch der an den Vorbereitungen beteiligten Hevalti-VertreterInnen reiste gestern eigens Vorsitzender Yüksel Koc samt Gefolge aus Hamburg an. Er legte eine von 8 kurdischen Organisationen unterschriebene Erklärung vor. „Alles Unterorganisationen der Hevalti“, vermutet Dagmar Lill, und von denen war gestern niemand präsent.

Beide Erklärungen scheinen zunächst identisch. Sie stellen die Verbrechen der Türkischen Regierung in den Vordergrund und verdeutlichen, daß auch die 10.000 Bremer KurdInnen von den Folgen des Krieges betroffen sind. Sie fordern die Bundesrepublik auf, die Waffenlieferungen einzustellen. Betont wird der Wille zu einem „friedlichen, gutnachbarschaftlichen Miteinander unter Kurden und Türken.“ Die Hevalti-Erklärung unterstützt jedoch die Einrichtung eines kurdischen Exilparlamentes und verzichtete dafür auf jenen Passus, in dem Komkarund andere „den Drogenhandel und andere Straftaten verurteilen.“

Wie groß die Unterschiede zwischen der PKK-nahen Hevalti und Komkar sind, wurde anschließend deutlich. Der Komkar-Sprecher distanzierte sich deutlich von den Anschlägen auf türkische Einrichtungen. „Wir protestieren hart dagegen, wir sind gegen Gewalt“, sagte er, warnte aber davor, die „Anschläge automatisch mit Kurden in Verbindung zu bringen.“

Für die Hevalti-Vertreter ist klar: „Mit den Anschlägen haben Kurden nichts zu tun.“ Diese seien vielmehr vom türkischen Geheimdienst initiiert worden. Sie sehen keinen Anlaß, sich von Anschlägen und Gewalt zu distanzieren.

Der Komkar-Vertreter zeigte sich ebenso „schockiert“ über diese Haltung wie die Sprecherin von Komjin: Diese Auseinandersetzung schade der gemeinsamen Sache der KurdInnen. „Ich hätte mir eine eindeutigere Position zur Frage der Gewalt gewünscht.“ dah

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