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Die goldenen Momente nutzen

■ "Verein zur Förderung aktiver Vaterschaft" will Väterzentrum aufbauen / Für Väter und Kinder bereichernd, für Mütter entlastend / Backkurse und Väterpolitik

Beim ersten Laut ihres Sprößlings zerfließen junge Väter wie weiche Butter. Kaum aber ist der Alltag zurückgekehrt, flüchten sie wieder in ihre Rolle als harte Männer und arbeiten oft mehr als zuvor. Beides hat Georg Brzoska, der beim Männerprojekt „Mannege“ jahrelang mit Vätern arbeitete, oft genug beobachten müssen. Der von ihm mitbegründete „Verein zur Förderung aktiver Vaterschaft“ hat sich deshalb zum Ziel gesetzt, dieser traurigen Entwicklung mit einem „Väterzentrum“ entgegenzusteuern.

Der Zeitraum, in dem Männer zu Vätern werden, ist eines von wenigen Glanzlichtern im Leben eines Durchschnittsmannes. Sein Charakterpanzer bekommt Risse oder schmilzt dahin, er wird weich, gefühlsbetont, fürsorglich. „Wenn es gelingt, diese Öffnung über einen längeren Zeitraum aufrechtzuerhalten, ist eine gute Voraussetzung für aktive Vaterschaft geschaffen“, zeigt sich Georg Brzoska überzeugt.

Und aktive Vaterschaft nützt allen. Den Männern, weil sich ihr Leben bereichert. Den Kindern, weil sie einen „Vater zum Anfassen“ haben. Und den Müttern, weil sie entlastet werden. Die Förderung der Gleichberechtigung der Frauen ist deshalb ebenfalls eines der löblichen Ziele des Vereins, dem unter anderem die feministische „Männerforscherin“ Halina Bendkowski vorsteht.

„Papas“ – so soll das „Väterzentrum“ heißen – soll ein Ort vielfältiger Angebote werden: für lockere Treffs und Selbsthilfegruppen, für Beratung von alleinerziehenden Vätern, für Kurse in Babymassage bis hin zu Koch- und Backabenden. Daneben wollen die zwölf VereinsgründerInnen in Kooperation mit anderen Trägern „niedrigschwellige“ sprich stadtteilbezogene Veranstaltungen anbieten. Dritter Schwerpunkt des Vereins: eine öffentliche „Väterpolitik“, die „die Vereinbarkeit von Familie und Beruf für Väter erleichtert“, gleichzeitig aber auch „Vätern Druck macht, ihre Pflichten wahrzunehmen“.

Die sockenstrickenden Grünwähler werden aber sicher nicht diejenigen sein, die das zukünftige Zentrum bevölkern. „Die rotgrünen Männer haben für so etwas keine Zeit, die haben genug zu tun mit ihrer Familie“, lacht Georg Brzoska. Aufgrund seiner langjährigen Männerarbeit glaubt er, daß „die ganz normalen Männer“ kommen werden, vor allem diejenigen, „die sich isoliert fühlen, die Probleme haben, die verunsichert sind“.

So sei es zum Beispiel auch in Norderstedt, dem „bestfunktionierenden Väterprojekt“ in Deutschland. „Die werdenden Väter besuchen dort die Geburtsvorbereitungskurse und sehen, daß auch das weitere Kursangebot interessant ist“, berichtet Georg Brzoska. Er spricht aus Erfahrung, hat er doch selbst jahrelang Abende für werdende Väter im Geburtshaus geleitet. Auch die Norderstedter Koch- und Backkurse, sagt er, seien bestens besucht.

Davon ist mann in Berlin noch weit entfernt, zumal die beantragten ABM-Stellen vorerst abgelehnt wurden. Dennoch bietet der Verein schon jetzt eine kostenlose Väterberatung an: jeden ersten und dritten Dienstag im Monat zwischen 16 und 18 Uhr im Haus der Familie, Niebuhrstraße 59, oder die Telefonnummer 884 36 409 anrufen. Ute Scheub

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