Nasse Füße für Senat

■ Das beschlossene Privatisierungsmodell für die städtischen Bäder wird von den Bürgermeistern der Bezirke abgelehnt

Mit einem Bauchklatscher scheint zu beginnen, was Sportsenator Klemann als „finanzielles Freischwimmen“ und „Kraulen aus der Pleite“ für die 76 Schwimmbäder der Stadt in Aussicht gestellt hat. Das Ende März vom Senat beschlossene Privatisierungsmodell unter dem Dach einer landeseigenen Sport- und Bäder- GmbH wird von den Bürgermeistern der Bezirke abgelehnt.

Unmut hatte das Senatskonzept bereits auf der letzten Zusammenkunft des Rates der Bezirksoberhäupter hervorgerufen, als es, so Helios Mendiburu (SPD), Bürgermeister in Friedrichshain, „kurzerhand rübergereicht worden war“. Man habe sich daraufhin auf die Geschäftsordnung berufen und die sogenannte Tisch-Vorlage nicht behandelt. Eine Sondersitzung, die Klemann anschließend beim Regierenden Bürgermeister durchsetzten wollte, sei vernünftigerweise nicht zustande gekommen. Thema wird die für Juli vorgesehene Gründung der Bäder-Holding nun am morgigen Donnerstag beim Rat der Bürgermeister sein. Die Vorlage werde jedoch, da ist sich Mendiburu schon im Vorfeld sicher, in den Ausschuß des Abgeordnetenhauses abgewiesen.

Eine landeseigene Sport- und Bäder-GmbH stelle eine weitere Zentralisierung kommunaler Aufgaben dar. „In dieser Frage sind besonders wir Bürgermeister aus dem Ostteil ausgesprochen empfindlich.“ Vor allem aber hält Mendiburu eine weitere Abwälzung sozialer Aufgaben des Senats in private Hände grundsätzlich nicht mehr für tragbar. Ihn befremde, daß der Senat für viel Geld Unternehmensberater konsultiert, wenn es darum gehe, Jugendliche von der Straße zu holen und ihnen die Möglichkeiten zur sportlichen Betätigung zu erhalten. Diese Position habe er bereits bei den Privatisierungsabsichten zum Friedrichshainer Sport- und Erholungszentrum (SEZ) vertreten. Das SEZ sollte zum 1. April dieses Jahres vom bisherigen „blub“-Betreiber Dr. Harald Fritsch übernommen werden. Eine Welle des Protests nicht nur in Friedrichshain und den angrenzenden Bezirken Lichtenberg und Prenzlauer Berg, die ein Zusammengehen bei der Betreibung ihrer Schwimmbäder für machbar halten, konnte die Privatisierung bislang verhindern. „Ich wehre mich dagegen, soziale Aufgaben nach unternehmerischen Gesichtspunkten zu betrachten, denn dann wird Sport früher oder später zum Luxus, den nur noch Besserverdienende ihren Kindern bieten können“, so Mendiburu.

Die Frage künftiger Eintrittspreise war bei der Vorstellung des Senatskonzepts offengelassen worden. Zwar sollen Schulen, Kitas und Vereine Hallen und Stadtbäder weiterhin kostenfrei nutzen können, wieviel allerdings die BerlinerInnen für ihr Freizeitvergnügen hinblättern dürfen, hänge davon ab, so der Senator, welche Zuschüsse der Bäder-Holding durch Abgeordentenhaus und Senat gewährt würden.

Laut Klemann machten die Bäder der Stadt 1994 Verluste in Höhe von 194 Millionen Mark. Für Mendiburu eine Scheingröße. Die Bezirke hätten die Subventionen bisher in keiner Weise mindern können, da ihnen durch die Landeshaushaltsordnung die Hände für jegliche Eigeninitiative gebunden seien. „Die Bezirke haben kaum Einfluß auf die Öffnungszeiten. Vorstellungen von abendlichem Bade- und Saunabetrieb, von Veranstaltungen, die auch einmal mehr Geld kosten können, aber zusätzlich zum für alle erschwinglichen Angebot durchgeführt werden, ließen sich bisher eben nicht verwirklichen.“

Konzepte dafür gibt es. Auch in Köpenick. Der Bezirk habe, so der zuständige Sportstadtrat Dirk Retzlaff (PDS), bereits vor anderthalb Jahren eine Vorlage eingereicht, die vom Senat in keiner Weise berücksichtigt wurde. Pankow, Reinickendorf und Spandau, die als Klemannsche Testballons ihre elf Bäder eigenständig weiterführen sollen, wird im Rahmen der Privatisierungspläne zur Auflage gemacht, ihre Defizite bis 1999 um zwei Millionen Mark zu reduzieren. Köpenick sei in der Lage, meint Retzlaff, dies in zwei Jahren zu schaffen. Kathi Seefeld