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„Ein schlechtes Licht auf Weimar“

■ SPD und Grüne einig: In der Kulturhauptstadt 1999 soll der Posten des Ausländerbeauftragten eingespart werden

Weimar/Berlin (taz) – Wenn's ums Sparen geht, lassen SPD und bündnisgrüne Stadträte mitunter alle Hemmungen fahren. In Weimar setzen sie den Rotstift so rigoros an, daß sie selbst den Posten der Ausländerbeauftragten killen wollen. „Wenn bei uns der Staatskommissar vor der Türe steht, müssen wir überall einsparen“, begründet Fraktionssprecher Ralph Kettel vom Bündnis 90.

Wohl wahr, über Weimar kreist der Pleitegeier. Im Vermögenshaushalt für 1995 fehlen 7,4 Millionen Mark, im Verwaltungshaushalt klafft ein Loch von zehn Millionen. Die Landesregierung droht mit Zwangsverwaltung, wenn nicht ein ausgeglichener Haushalt vorgelegt wird. Heute abend soll er beschlossen werden.

Die Bereitschaft der Grünen, auf die Stelle der Ausländerbeauftragten zu verzichten, hatte in der vergangenen Woche bereits die harsche Kritik der Bonner Parteikollegen provoziert. „Ich bedaure, daß gerade eine Stelle von solcher Priorität für die bündnisgrüne Politik gestrichen werden soll“, sagte Vera Lengsfeld und erinnerte daran, daß dieser Posten einst der Modrow-Regierung von den Bürgerrechtlern abgetrotzt wurde. Auf diese Abreibung reagiert die Weimarer Basis trotzig. „Wenn das nationale Entsetzen ausbricht, ist das auch für uns nicht schön.“ Sogleich rechnet Ralph Kettel vor, daß der Anteil von Nichtdeutschen in Weimar „mit 0,01 Prozent doch marginal“ sei.

Auch die Koalitionspartnerin SPD hält den Posten der Ausländerbeauftragten für entbehrlich. Die Stelle sei momentan „nicht so wichtig“, zumal in der nahegelegenen Gedenkstätte Buchenwald „im Moment alles ruhig ist“, sagt Fraktionschef Jürgen Heimann. Nicht ganz so ungeschliffen, in der Sache aber auch nicht weit von der Stadtregierung entfernt, päsentiert sich Volkhardt Gremer, schriftlich tolerierter PDS-Oberbürgermeister. Er denkt darüber nach, die Aufgaben der Ausländerbeauftragten von der Kinderbeauftragten miterledigen zu lassen.

Nichts hält der Chef der CDU- Opposition vom radikalen Sparwillen. Roland Biskop erklärte gegenüber der taz: „Das wirft ein schlechtes Licht auf Weimar, schließlich sind wir im Jahr 1999 Kulturhauptstadt.“

Derzeit leben rund 890 Ausländer in Weimar, 180 von ihnen sind Kriegsflüchtlinge aus dem ehemaligen Jugoslawien. Ihre Kinder gehen zur Schule. Damit sie ihre Herkunft und ihre Sprache nicht vergessen, arbeitet die Noch-Ausländerbeauftragte Helene Mühe derzeit ein spezielles Programm aus. Ein- bis zweimal in der Woche sollen die Kinder muttersprachlich unterrichtet und betreut werden. Wird Mühes Stelle heute abend gestrichen, fiele nicht nur dieses Programm flach. Auch die beiden Wochen des ausländischen Mitbürgers gerieten in Gefahr. A. Rogalla

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