■ Der starke Yen wird am Ende nur den Japanern helfen: Brücken in die Welt des Super-Yen
Hilflos scheint sich die japanische Regierung derzeit gegen die bösen Geister der Weltfinanzmärkte zu wehren. Denn der Yen steigt, und die Tokioter Börse fällt auch noch am Tag, an dem die japanische Zentralbank ihre Zinsen auf ein Rekordtief senkt und die Regierung umfangreiche Maßnahmen zur Ankurbelung der Konjunktur verkündet. So niedrig sind inzwischen die Zinsen in Tokio, daß sich Geldanlagen dort nur noch für weitere Spekulationen auf den Yen lohnen. Doch lautet der Tip der meisten internationalen Währungsinvestoren auch jetzt noch, daß der Höhenflug der japanischen Währung weiter und weitergeht.
Die japanische Regierung beobachtet die Entwicklung freilich mit zweierlei Maß: Das Maß der Politik verlangt nach schnellen Ausgleichsmaßnahmen für kurzfristige Schwierigkeiten im Exportgeschäft, die sich heute für manches japanische Unternehmen ergeben. Aus diesen Sorgen speisen sich auch die am Freitag verkündeten Gegenmaßnahmen der Regierung: Man stellt für die Schwachen Brücken auf, die freilich alle an das gleiche Ufer führen – in die neue Welt des Super-Yens. An diesem langfristigen Ziel orientiert sich das Maß der japanischen Bürokratie im Finanz- und Wirtschaftsministerium Miti. Die wirtschafts- und finanzpolitischen Ziele Japans beeinflußt diese Bürokratie in weit höherem Maße als die Regierung – wie sich jetzt zeigt, zu Recht. Denn natürlich bedeutet der bereits jetzt anlaufende Aufstieg des Yens zur internationalen Reservewährung innerhalb Asiens einen enormen Machtzuwachs. Zumal dies in einer Zeit geschieht, in der sich die japanische Wirtschaft ohnehin verstärkt den neuen Märkten in Asien zuwendet, dort heute billiger denn je investieren kann und die japanische Entwicklungshilfe in dieser Region nicht nur aufgrund der Wechselkursentwicklungen Jahr um Jahr Rekordhöhen erreicht. Insofern reichen die Ängste vor dem hohen Yen in Japan nur bis zu den wichtigen Parlamentswahlen im Juli.
Die westliche Welt aber wird sich umstellen müssen: Zu viele glauben bis heute, daß sich die japanische Konkurrenz durch eine internationale Währungsfront isolieren läßt. Doch was schon 1985, als der Yen erstmals um 50 Prozent zum Dollar aufgewertet wurde, nur zur schnelleren Globalisierung der japanischen Großkonzerne führte, wird auch diesmal allenfalls die Globalisierung des japanischen Mittelstands zur Folge haben. Denn Japan hat vorerst die schwerste Rezession der Nachkriegsgeschichte hinter sich gebracht, ohne daß die Arbeitslosigkeit spürbar anstieg – welches Modell könnte also für den Rest Asiens derzeit attraktiver sein? Georg Blume
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