: Ende für Tschernobyl noch vor dem Jahr 2000
■ Die EU soll für die Sicherheit zahlen
Kiew (AFP) – Präsident Leonid Kutschma hatte eine Osterüberraschung vorbereitet. Er werde das Atomkraftwerk von Tschernobyl noch vor dem Jahr 2000 stillegen lassen, sagte er am Donnerstag einer Delegation der Europäischen Union und der sieben führenden Industrienationen (G7). Bis Mitte Mai werde seine Regierung dafür einen Plan vorlegen, versprach der Präsident.
Sein Geschnek wird teuer. Kutschma will erneut Gespräche mit Vertretern von EU und G7 aufnehmen, die mit weitgehenden Finanzzusagen schon lange zur Schließung des Atomkraftwerks drängen.
Es ist das erste Mal, daß die Ukraine einen Termin für die Stillegung von Tschernobyl nennt. Im Reaktorblock vier hatte sich am 26. April 1986 das schwerste Unglück in der Geschichte der zivilen Atomwirtschaft ereignet. Die beiden derzeit noch arbeitenden Reaktoren des Atomkraftwerkes sollen durch ein 3.000-Megawatt- Gaskraftwerk ersetzt werden. Außerdem möchte Kutschmas Regierung drei neue Atomreaktoren bauen lassen. Nach westlichen Experten wäre die Lebensdauer der Blöcke eins und drei ohnehin vor dem Jahr 2000 beendet gewesen. Die Ukraine drohte aber damit, sie noch bis ins Jahr 2015 zu nutzen.
Sergej Paraschin, Direktor des Atomkomplexes von Tschernobyl, hatte noch vor Ankunft der EU- Delegation als Schadensersatz für die Stillegung der Reaktoren 4,4 Milliarden Dollar gefordert. „Die Regierungen der Länder, die wegen Tschernobyl besorgt sind, müssen für die Schließung zahlen. Die Ukraine hat kein Problem mit Tschernobyl“, sagte Paraschin.
Für den Bau des Gaskraftwerkes könnte die Ukraine Kredite bei der Weltbank beantragen. Die EU hat hierfür Hilfen in Höhe von 910 Millionen Mark bewilligt. Eine Untersuchungsgruppe der EU fordert zudem, daß der brüchige Sarkophag um den Katastrophenreaktor mit einem zweiten Mantel gesichert wird. Das würde weitere zwei Millarden Mark kosten.
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