■ Cash & Crash: Sozialismus für Superreiche
New York – Die amerikanischen Piraten hielten lange still. Aber jetzt gibt es endlich wieder einen Milliarden-Dollar-Kampf um einen weltbekannten Konzern. Die Börse und die Presse reiben sich die Hände: Knapp 23 Milliarden Dollar bietet ein Superreicher aus Las Vegas mit dem illustren Namen Kirk Kerkorian für die Autofirma Chrysler, eine der Ikonen des American Way of Life.
Kirk Kerkorian muß sich das Geld von den Banken und anderen Investoren ausleihen. Das ist teuer. Allein für die etwa 13 Milliarden Dollar Kredit von den Banken fallen Zinsen an und eine Abschlußgebühr von ein bis zwei Prozent. Doch es rechnet sich für den genialen Beteiligungsjongleur Kerkorian allemal. Denn eigentlich geht es bei diesem Deal weniger um eine freundliche oder feindliche Übernahme eines Konzerns, sondern um die Verteilung angehäufter Werte – also um die Sozialisierung von Profiten unter den Großkapitalisten.
Chrysler hatte nämlich seit seiner Krise im Jahr 1990 unglaubliche Gewinne eingefahren. Auf den Konten der Autofirma liegen allein 7,6 Milliarden Dollar Bargeld, dafür riskiert ein Kerkorian schon mal was. „Wir verstehen ja, daß Chrysler nach seinem Fast-Bankrott einen Sparstrumpf für harte Zeiten angelegt hat“, sagte der Kerkorian- Geschäftsführer Alex Yemenidjian. „Aber der Sparstrumpf ist einfach zu dick.“
Schon im letzten Herbst hatte Kerkorian aufbegehrt. Er hatte Anfang der neunziger Jahre zehn Prozent der Aktien auf Bitten des damaligen Chrysler-Chefs Lee Iacocca meist zu Spottpreisen zwischen 10 und 13 Dollar gekauft und war damit selbst Chrysler-Großaktionär geworden. Mit seinen Stimmrechten zwang er das Chrysler-Management, die vorgesehene Dividende um 60 Prozent zu steigern. Eine Milliarde Dollar kostete Chrysler dieser Nachschlag.
Nachdem die Aktien des Autokonzerns – und damit der Anteil Kerkorians – in diesem Jahr fielen, anstatt mit den Profiten zu steigen, greift Captain Kirk wieder ein. Er bietet jetzt den Pensionsfonds und den privaten Anteilseignern der Firma einen Aufpreis von 15 Dollar, wenn sie ihm die restlichen 90 Prozent der Aktien verkaufen.
Genau hier kommt die Spielernatur des Königs von Las Vegas zum Tragen. Je nachdem, wie Chrysler auf das unzüchtige Angebot reagiert, regnet es Dollars in seine Taschen. Tut Chrysler nichts, so fällt das Unternehmen an Kerkorian und seine Investoren-Partner. Der Gewinn ist garantiert, wenn auch mit Arbeit verbunden: Kerkorian müßte dann ein Unternehmen führen und beaufsichtigen. Doch zuerst kann er für seine Zinszahlungen die milliardenschweren Rücklagen der Autofirma anzapfen. Dann hofft er auf eine starke Kurssteigerung der bisher stark unterbewerteten Chrysler-Aktien an der Wall Street. Das Verhältnis Aktienpreis zu Umsatz war nämlich vor dem Übernahmeangebot nur ein Fünftel des bei derartig großen Unternehmen üblichen.
Der pfiffige Milliardär hat jedoch schon signalisiert, wie er sich die Aktion am liebsten vorstellt. „Wir wollen kaufen“, so sein Adlatus Yemenidjian, „ab einer bestimmten Zahl werden wir jedoch vom Käufer zum Verkäufer.“ Das heißt, die angeblich so entschlossenen Unternehmensaufkäufer spekulieren darauf, daß Chrysler seine Kriegskasse einsetzt und ihnen ihren eigenen Anteil für teures Geld abkauft.
Pech hätte Kerkorian nur, wenn Chrysler seine eigenen Verbindungen spielen läßt und das Finanzierungskonzept des Spielerkönigs madig macht. Dann könnten die Banken und die noch geheimen Verbündeten abspringen. Doch das ist nicht zu befürchten, es winkt einfach zu viel Profit. Reiner Metzger
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