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„Mehrheit ist korrekt“

■ Polizeiskandal-Kronzeuge im Interview

Der Kronzeuge im Hamburger Polizeiskandal – ein ehemaliger Beamter der „Skandalwache 11“ – hat sich in einem Interview des Magazins „Stern“ erstmals öffentlich zu den Vorwürfen gegen Hamburgs Polizei geäußert. Er habe Erzählungen von Kollegen über Scheinhinrichtungen bei afrikanischen Dealern „im ersten Moment nicht ernst genommen“, wurde der 35 Jahre alte Polizeihauptmeister in dem gestern vorab veröffentlichten Interview zitiert. Als dann aber Details hinzukommen seien, habe er geahnt, „daß es vermutlich so gewesen ist“. Der größte Teil der Beamten habe aber den Dienst korrekt gemacht, trotz der „beengten Räumlichkeiten und dem ganzen Frust“.

„Es gibt keine ausländerfeindliche oder rechtsradikale Stimmung in der Wache“, sagte der Beamte, der am Freitag vor dem Parlamentarischen Untersuchungsausschuß (PUA) „Polizei“ der Bürgerschaft aussagen soll. Unter den 120 Beamten seien nur acht Leute, bei denen er miterlebt habe, daß sie einen „aggressiven Ton“ gehabt hätten. Details wollte der Kronzeuge mit Hinweis auf die bevorstehende Aussage vor dem PUA nicht nennen.

Er könne sich vorstellen, sagte der 35jährige ferner, daß der Dienst auf der Wache 11 nach dem von ihm ausgelösten Polizeiskandal schwerer geworden sei. „Die Beamten haben nun sicher Angst vor dem Einschreiten, um nicht als ausländerfeindlich zu gelten und sich Ermittlungsverfahren zuzuziehen.“

Der ehemalige Schutzpolizist, der momentan an der Landespolizeischule eine Ausbildung für den gehobenen Kriminaldienst macht, forderte einen unparteiischen Ansprechpartner, eine Art Ombudsman für Polizisten, denen sie sich anvertrauen können. Außerdem setzte er sich für ein striktes Rotationsprinzip ein. Alle drei oder vier Jahre sollten Beamte aus den Milieu-Wachen an eine andere Dienststelle wechseln, um zu erleben, daß die Welt nicht nur aus Prostitution, Zuhälterei, Drogenhandel und Abhängigen bestehe. lno

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