: Schlüssel-Verwaltung
■ betr.: „Zuständig für die Schatten seiten“, Interview mit dem neuen hessischen Justizminister Rupert von Plottnitz, taz vom 11. 4. 95
Jetzt reicht's. [...] Kein Wort über die Mörder und Mordhelfer erster Klasse, die auch von meinen Steuern Millionen DM geschenkt bekommen um zum Beispiel „bessere“ Minen zu „entwickeln“ welche weltweit unschuldige Menschen zerfetzen, oder die sogenannte „chemische Industrie“, die schon unter Hitler, und auch heute noch, ungestraft an Massenmorden ihr Geld „verdient“. Wären das keine Aufgaben eines Justizministers, anstatt Abschiebeknäste einzuweihen und mit staatstragendem Gesülze auf Stimmenfang in sogenannten „konservativen Kreisen“ zu gehen. [...]
Ganz nebenbei wußte ich noch nicht, daß ich als Arbeiter nicht zu den Bürgern dieses Landes gehöre. Wolfgang Hall, Köln
Als besonders kennzeichnend für das gegenwärtige Politikverständnis von Rupert von Plottnitz sind mir seine Äußerungen zur Abschiebehaft aufgefallen.
Unter Juristen besteht Einigkeit, daß diese gesteigerte Form von Amtshilfe, bei der die Justiz sämtliche Aufgaben der Ausländerbehörden übernimmt, nicht von Art. 35 Grundgesetz gedeckt ist, sondern daß dafür eine spezielle gesetzliche Grundlage erforderlich ist. In mehr als fragwürdiger Weise wird diese Rechtsgrundlage von einigen Landesjustizverwaltungen in einer analogen Anwendung von Vorschriften der Verwaltungsverfahrensgesetze gesehen, die ihrem Wortlaut nach genau das Gegenteil besagen.
Demgegenüber hat der Landtag des Landes Brandenburg die Landesregierung auf Initiative der bündnisgrünen Fraktion am 23. 3. 1994 einstimmig aufgefordert, vom Vollzug der Abschiebehaft in Gefängnissen abzusehen. Nach zähen Verhandlungen hat inzwischen das Innenministerium seine Zuständigkeit anerkannt, so daß in Brandenburg – von seltenen Ausnahmen abgesehen – keine Abschiebehaft im Justizvollzug durchgeführt wird. Sicher stellt die Verlagerung auf das Innenministerium noch keine Lösung des Problems dar, doch sie eröffnet zumindest Perspektiven für andere Formen der Unterbringung (gemeinsame Unterbringung von Familien, Wohngemeinschaften), die nach der Regelung des § 185 Strafvollzugsgesetz ausgeschlossen sind.
Wenn ein grüner Justizminister angesichts der ungeklärten Rechtsfragen im Grundsätzlichen von vornherein die Bereitschaft zur Durchführung von Abschiebehaft erklärt und sich nur noch Gedanken über die Modalitäten der Durchführung macht, dann reduziert er seine Möglichkeiten in der Tat auf die Verwaltung der Schlüssel. Ähnliche Tendenzen lassen sich auch bei den Äußerungen zur Zusammenlegung und Entlassung der politischen Gefangenen feststellen. Michael Alex, Rechtsanwalt,
Hamburg
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