: Unterm Strich
Ach, wie sind sie zu bedauern, die alternden oder irgendwie nutzlos gewordenen Künstler und Künstlerinnen! Die Damen und Herren des DDR-Fernsehballets turnen jetzt auf Ärztekongressen, Rex Gildo torkelt durch Betriebsfeiern, und was Cindy und Bert anstellen, entzieht sich wahrscheinlich Ihrer und unserer Vorstellungskraft. Auch der Glücksstern von Justus Franz ist tief, tief gesunken. Nachdem man ihm sein schönes Schleswig-Holstein-Klassik-ist-in-der- Scheune-am-schönsten-Musik-Festival verhunzt hat, weicht er nun ins Kurwesen aus. Ab Herbst 1995 wird er in Bad Wörishofen (Wassertreten, immer ordentlich Wassertreten!) „Klassik-Stars von Morgen“ präsentieren. In gewohnt „anspruchsvollen Programmen“. Thermales Synchrongeigen? Abschreckungstrompeten? Abhärtungstrommeln? Wechselflöten?
Der österliche Orgeltrend setzt sich fort: In einer Erstauflage von 2.000 Exemplaren soll im Mai eine CD mit Orgelmusik erscheinen. Die CD mit dem Titel „Orgeln im 1.000jährigen Mecklenburg“ enthält einen Querschnitt der mecklenburgischen Orgellandschaft mit Musik aus sechs Jahrhunderten. Vertrieb über das mecklenburgische Kirchenmusikwerk (Telefon 0381 / 25054) oder über die Gemeinden der Landeskirche. Preis: 50 Mark, zehn davon zur Unterstützung der Kirchenmusik und zum Erhalt von Orgeln.
Der amerikanische Jazz-Pianist Don Pullen ist bereits am vergangenen Samstag im Alter von 53 Jahren an einem Tumor des Lymphdrüsensystems gestorben. Pullen begann seine Karriere als Kirchenpianist, ehe er zum Jazz wechselte und schnell zur Avantgarde der 60er Jahre gehörte. 1965 arbeitete er in New York mit Giuseppe Logan. Sein besonderes Interesse galt dem Free Jazz, dem er Mitte der 60er Jahre regelmäßig zusammen mit dem Schlagzeuger Milford Graves frönte. 1973 schloß er sich mit Charles Mingus zusammen und gab die Alben „Changes 1“ und „Changes 2“ heraus. In den späten 70er und frühen 80er Jahren leitete er zusammen mit dem Schlagzeuger Beaver Harris die Rockgruppe „360 Degree Music Experience“, der auch der Saxophonist Ricky Ford angehörte. 1979 gründete er mit Ford und dem Mingus-Schüler George Adams eine neue Gruppe, die in einem Jahrzehnt zehn Alben veröffentlichte. Anfang der 90er Jahre gab er drei Alben mit brasilianisch geprägten Jazzversionen heraus.
Die französische Filmemacherin Marie Epstein ist im Alter von 95 Jahren am Montag in einem Pariser Krankenhaus gestorben. Marie Epstein war Mitbegründerin der Cinémathèque Française. Die Schwester des Regisseurs und Theoretikers Jean Epstein („Der Untergang des Hauses Usher“, 1928) drehte in den dreißiger Jahren selbst Filme und schnitt die Filme ihres Bruders. Bis zu ihrem Tod war sie aktives Ehrenmitglied der Cinémathèque.
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