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Jagen mit Gewinn

Nationalparks in Südafrika wollen mit dem Abschuß von Tieren Geld verdienen / Der Gewinn sichert die Zukunft der Parks  ■ Aus Johannesburg Willi Germund

Die Tonne Nashorn kostet etwa 10.000 Mark. Gut drei Tonnen schwer werden manche dieser Fleischberge, und damit läßt sich ordentlich Geld verdienen. Touristen, die unbedingt ein Nashorn schießen wollen, zahlen die Gebühren und lassen noch einige tausend Mark für das Hotel im Land. Zwar dürfen Schwarze Rhinos nicht erlegt werden, weil sie zu den zehn am meisten vom Aussterben bedrohten Tierarten gehören. Doch betuchte Jäger aus aller Welt vergnügen sich mit dem Abschuß der weitaus harmloseren, halbblinden und schlichtweg dummen Brüder: den Weißen Nashörnern. Deren Bestand ist nicht gefährdet, und bei der letzten Artenschutzkonferenz in Florida wurde den Jägern sogar erlaubt, die Trophäen – die begehrten Hörner inklusive – mit nach Hause zu nehmen.

Die Einschätzung dieser Jagd hat sich in letzter Zeit deutlich gewandelt: Seit den südafrikanischen Nationalparks das Geld auszugehen droht, sind die Jäger plötzlich zu willkommenen Geldboten geworden. Sie liefern, so die Sicht der Parkmanager, die notwendigen Finanzmittel, um die Zukunft der Parks zu sichern. Was früher von Tierschützern verdammt wurde, ist zum attraktiven Geschäft geworden. Keith Cooper von der „Wildlife Society“ in Durban zum Beispiel preist die neue Entwicklung: „Wenn Jagen, Kommerzialisierung und Export der Produkte erlaubt werden, könnten Nationalparks wie Krüger oder Umfolozi sich selbst finanzieren.“ Was früher von Tierschützern kritisiert wurde, erscheint jetzt als Chance für die finanzschwachen Parks, die Zukunft zu sichern.

Soziale Ziele der Nashornjagd?

Manche gehen sogar noch einen Schritt weiter. Der Wildhüter Wayne Whitfield zum Beispiel würde gerne das Elfenbein vermarkten, das beim Abschuß von Elefanten in südafrikanischen Nationalparks anfällt. Das verbietet zwar das internationale Artenschutzabkommen, weil Elefanten in den meisten Teilen Afrikas fast ausgerottet sind. Nur in einigen Reservaten Südafrikas müssen jährlich einige hundert Elefanten abgeschossen werden, weil sie sonst für die jeweiligen Areale zu viele würden. „Wir zahlen dabei drauf“, lautet Whitfields Bilanz dieser Regel; das Elfenbein ließe sich ohne Schaden für den Tierschutz verkaufen. Allerdings würde nach diesem „legalen Elfenbein“ wohl bald auch illegales auf dem Markt auftauchen, per gefälschter Herkunftsangabe verkäuflich gemacht. Der Mißbrauch wäre programmiert.

Trotzdem dürfte die Jagd von Tieren, deren Bestand nicht bedroht ist, eine wichtige Geldquelle für die Nationalparks werden. Denn die heutigen Zuschußbetriebe müssen sich auf weniger staatliche Unterstützung einstellen: Das Natal Parks Board wurde im Haushaltsjahr 1992/1993 mit 30 Millionen Mark von der Regierung bezuschußt. Südafrikas National Park Board, das unter anderem den Krüger-Park betreibt, bekam aus der Staatskasse etwa 20 Millionen Mark. Daß das in den nächsten Jahren so bleibt, ist äußerst unsicher. Angesichts der knappen Finanzen der Regierung von Nelson Mandela, die händeringend nach Mitteln für soziale Reformen sucht, fallen auch solche Summen ins Gewicht. Um so mehr hoffen die Manager der Parks jetzt auf Jäger aus dem Ausland, die die Kassen füllen. Ein soziales Argument kommt dazu. Schwarze Südafrikaner halten häufig wenig von den Nationalparks und deren Ziel, die Bestände von gefährdeten Tieren zu erhalten. Aus ihrer Sicht wirken die Parks wie Landverschwendung, zumal sie häufig von der Apartheid-Regierung angelegt wurden, die dafür einfach die Bevölkerung aus ihren Dörfern vertrieb. Diese Ablehnung konnte in Simbabwe mit dem erfolgreichen Projekt „Campfire“ abgebaut werden. Dabei zahlen ausländische Besucher Gebühren, von denen ein Teil an Dorfgemeinschaften gezahlt wird, die in den entsprechenden Gebieten liegen. Seit Elefanten und Büffel solcherart in Bargeld umgemünzt werden können, nahm etwa die Wilderei massiv ab. Dorfbewohner, die bisher vorwiegend erleben mußten, wie die Tiere ihre Ernte zerstörten, sind plötzlich am Schutz der Tiere interessiert. Ähnlich die Gebiete Londolozi und Phinda in Südafrika Natal – zwei Edelparks unter privater Regie, bei denen bewußt Wert auf Umweltverträglichkeit und Einbindung der lokalen Bevölkerung gelegt wird. In Phinda etwa stammen nicht nur viele Angestellte aus der Umgebung, Wächter begleiten Anwohner zum Schutz gegen wilde Tiere auch auf einer Straße quer durch das Reservat. Beide Unternehmen, geleitet von der „Conservation Group“, liefern den Beweis, daß Parks sich selbst finanzieren können. Doch das dürfte nicht überall gelingen: Denn zahlende Gäste strömen nur in die Nationalparks, die viele Tiere zu bieten haben. Weniger spektakuläre Schutzgebiete dagegen dürften kaum in der Lage sein, sich selbst zu finanzieren.

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