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Der homosexuelle Mann ... Von Elmar Kraushaar

... riecht gut. Er kennt die genaue Duftwasserportion für die Stellen hinterm Ohr, am Hals und in der Armbeuge. Dafür ist ihm nichts zu teuer, denn teuer ist gut und exklusiv und vorneweg. Das veredelt den Körper und den ganzen Menschen und katapultiert ihn gleichermaßen raus aus dem Abseits.

Aber daran kann es nicht liegen. Das bißchen „Knize Ten“ oder „Calvin Klein“ kann nicht der Grund dafür sein, daß der heterosexuelle Mann die Gefahr schon riecht, sobald ein Schwuler um die Ecke kommt. Denn kaum etwas schlägt den gewöhnlichen Mann schneller in die Flucht als ein Typ vom anderen Ufer. Einer unter tausend vielleicht hält dem direkten Augen-Blick eines Schwulen stand oder seinem pointierten Schwenk in die Lendengegend. Die übrigen sind alles Waschlappen, Angsthasen, denen die Schweißperlen auf die Stirn treten, sobald sie allein sind mit so einem im Fahrstuhl. So als ob eine Ansteckung in der Luft läge. Und keine Rambo-Kopie geht freiwillig vor einem Schwulen die Treppe hinauf. Er könnte stolpern vor Aufregung, und bäuchlings wäre es um ihn geschehen.

Das macht es so schwer, im Alltag mit den Heteros auszukommen. Da wechselt schon mal einer die Sitzreihe im Kino, sobald die Bedrohung auftaucht. Oder er greift sich verstohlen zwischen die Beine, um nachzuprüfen, ob noch alles dran ist. Eine Übersprungshandlung jagt die andere. Und fragen Sie mal ihren heterosexuellen Kollegen, ob er auf einen Drink mitkommt in die nächste Schwulenkneipe. Mit den Ausreden, die darauf folgen, könnte man so manches Handbuch füllen. – Dabei ist die Angst völlig berechtigt. Der Homosexuelle ist triebhaft, wahllos und ohne Scham. Das lernt man schon in der Schule. Gänzlich ohne Vermögen zur Differenz will er jedem an die Wäsche, das ist seine Natur. Das belegen umfangreiche Forschungen. Und so hat er sich schon den einen oder anderen öffentlichen Raum erobert, vor dem jeder Hetero gewarnt sei. Beispielsweise die berühmten Tuntenaquarien, diese vielen Hallenbäder, wo unter den Duschen kein Schwanz ruhig bleibt. Oder die unzähligen Fitneßstudios, in denen tausend Augen jede konzentrierte Muskelarbeit zum Martyrium machen. Oder die schmuddeligen Porno-Kinos, Hetero-Porno-Kinos, da sitzt der Schwule – Falken allesamt – locker fünf Stunden ab und wartet auf seine Beute. Und des Nachts im Park. Am Tag auf öffentlichen Toiletten. Am Samstagabend auf ganz bestimmten U-Bahn-Linien. Und in den Metropolen sind ganze Straßenzüge nur noch weiträumig zu umfahren: The evil is everywhere.

Letztens sprach eine Kollegin davon, wie ihr Freund im Hotel Gellert in Budapest die Beine in die Hand nahm und schreiend aus der Sauna floh. Verlangende Männlichkeit hinter jedem Dampfschwaden. Da versagt das potenteste Nervenkostüm.

Dabei könnte alles ganz einfach sein, und mit ein paar Tricks wäre ein geregeltes Miteinander möglich. Nicht flüchten, sondern standhalten. Und das Reden lernen, gerade in höchster Gefahr. Einfach „ja“ sagen, „gerne doch“ und „sehr erfreut“. Oder – wenn es sein muß –: „Nein! Nicht!“ Das hilft. Auch bei hartnäckigen Fällen. Und vielleicht schon beim nächsten Mal kommt man gerne auf das Angebot zurück.

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