piwik no script img

Schmugglerring BND

Schmidbauer war informiert / Untersuchungsausschuß wird eingesetzt / „Spiegel“-Berichte stimmen  ■ Von Hans Monath

Bonn/München (taz) – Bernd Schmidbauer, CDU-Geheimdienstkoordinator im Kanzleramt, hat offensichtlich frühzeitig von den Nuklear-Ermittlungen des vergangenen Jahres in München gewußt. Bayerns Justizminister Hermann Leeb (CSU) berichtete gestern vor dem Innenausschuß des Landtags von im August 1994 geführten Telefonaten zwischen Schmidbauer und der Staatsanwaltschaft beim Landgericht München I. Deren Inhalte jedoch könnten aber nicht eindeutig geklärt werden.

Schmidbauer habe bereits in den ersten Augusttagen des vergangenen Jahres bei der Münchener Staatsanwaltschaft angerufen: „Er hat die Problematik sofort verstanden“, heißt es in einem Vermerk. Vor dem 10. August, als auf dem Münchner Flughafen 363 Gramm Plutonium sichergestellt wurden, habe es mindestens zwei weitere Telefongespräche mit Schmidbauer gegeben.

Der CDU-Politiker hatte vergangene Woche erklärt, er habe erst am 11. August vom Plutonium-Transport nach Deutschland erfahren.

Leeb und Innenminister Günther Beckstein (CSU) verwahrten sich gestern erneut gegen den Vorwurf, die Behörden hätten leichtfertig mit dem Material hantiert. Weder das Landeskriminalamt noch die Staatsanwaltschaft München habe über die Plutoniumeinfuhr entschieden. „Das haben die Täter entschieden“, sagte Beckstein.

Keine Rolle spielten die neuen Informationen aus München in der gestrigen Debatte des Bundestages über die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses, der inzwischen von allen Parteien gewünscht wird. Der CDU-Abgeordnete Erwin Marschewski erklärte, alle Vorwürfe gegen Behörden und Politiker seien in der Sitzung der Parlamentarischen Kontrollkommission (PKK) ausgeräumt worden. „Ich glaube, daß wir diese Aktion als bisher größten Erfolg im Kampf gegen Nuklearhändler feiern müssen“, sagte er.

Während Marschewski von dem „Berichtsskandal eines Nachrichtenmagazins“ sprach, bestätigte SPD-Fraktionsgeschäftsführer Peter Struck erstmals öffentlich, daß der Spiegel nach den Erkenntnissen der PKK-Sitzung „sämtliche Fakten und Daten korrekt berichtet“ habe. Struck sprach sich für eine Neuordnung der Geheimdienstkontrolle aus.

Burkhard Hirsch (FDP) nahm Schmidbauer gegen den Vorwurf in Schutz, er habe an BND-Chef Porzner vorbei gehandelt. Gleichzeitig ließ Hirsch keinen Zweifel daran, daß er den Transport des gefährlichen Materials scharf verurteilt und die Aktion im Gegensatz zu Marschewski noch nicht für aufgeklärt hält. Die Bedrohung durch kriminellen Handel mit Nuklearmaterial sei nicht durch „Indianerspiel“ zu lösen, sagte er.

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen