■ Mit Geld im Jahr 2000 auf du und du: Bills Sparkasse
Der größte Software-Deal aller Zeiten ist fast geplatzt. Im letzten Sommer kündigte Bill Gates, Chef von Microsoft, Prophet und Kaiser der Branche, die Übernahme der Intuit Inc. an. Die Firma aus dem kalifornischen Menlo Park vertreibt hauptsächlich das Programm „Quicken“. Mit dieser Software regeln viele Amerikaner vom heimischen Computerschirm aus ihre Bankgeschäfte, behalten einen Überblick über ihre Kreditkarten und berechnen ihre jährlichen Steuern. Nichts Aufregendes eigentlich.
Bill Gates jedoch bot den Besitzern von Intuit Microsoft-Aktien im Wert von 2,1 Milliarden Dollar. Bei solchen Summen für einige Zeilen kruder Programmiersprache witterten Konkurrenten und Kartellbehörden denn doch einen neuen Trick des Software-Moguls aus Seattle. Mehr als drei Viertel aller betroffenen Computerkunden arbeiten mit „Quicken“, Microsoft wollte sich den gesamten Markt unter den Nagel reißen. Das US-Justizministerium untersuchte lange und reicht nun eine aussichtsreiche Klage gegen den Microsoft-Intuit-Deal ein. Ein Monopol auf einem weiteren Softwaregebiet sei nicht tragbar, so die Marktwächter aus Washington. Immerhin laufen schon mehr als 80 Prozent aller PC mit Betriebssystemen von Microsoft, bei Text- und Tabellen-Programmen vertrauen ebenfalls die meisten auf Gates-Software. Das wäre ähnlich, als besäße Esso die meisten Ölquellen, alle Tankstellen und die größten Autofabriken.
Bill Gates hat bei dem riesigen Finanzeinsatz natürlich wieder ein kleines Visiönchen im Hinterkopf. Wenn in einigen Jahren alle Leute mit Geld an einem Computernetz hängen, dann wickeln sie auch ihre Bankgeschäfte über den Schirm ab, so sein Kalkül. Der Gewinn winkt dabei nicht unbedingt bei den Girokonten, sondern bei Aktienkäufen und anderen beratungsintensiven Diensten. Der freie Markt ist dabei laut Microsoft garantiert: „Banken arbeiten, mit wem sie wollen, sie werden wählen“, so Gates unschuldig. Doch die Praxis sieht anders aus. Kunden und Banken wollen keine technischen Probleme mit dem Datenaustausch – sie wählen die am weitesten verbreiteten Netze samt Software. Und das wäre dann alles von Microsoft. Eine weltweite Bank, Kreditkartenverwaltung, Steuer- und Börsenberatung samt den anfallenden Gebühren in einer Hand. Reiner Metzger
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