: Immigranten sollen Sitz im Rundfunkrat erhalten
■ Schwierigste Frage noch ungeklärt: Wer soll die heterogene Gruppe vertreten?
Sie zahlen Rundfunkgebühren, aber sie sind nicht im Rundfunkrat vertreten, dem Aufsichtsgremium der öffentlich-rechtlichen Rundfunk- und Fernsehsender. Die Rede ist von den sechzehn Prozent BerlinerInnen ausländischer Herkunft. Wie andere gesellschaftliche Gruppierungen sollen auch ImmigrantInnen künftig Sitz und Stimme im Rundfunkrat haben. Ein entsprechender Antrag von Bündnis 90/Die Grünen findet bei SPD, FDP und PDS große Zustimmung, nur die CDU mauerte gestern im Ausländerausschuß des Abgeordnetenhauses.
Auch der SFB hat grundsätzlich Zustimmung signalisiert. Allerdings soll die Neuregelung nach Wunsch des Senders erst Ende 1996, nach Ablauf der Amtsperiode des jetzigen Rundfunkrates, umgesetzt werden. Damit bleibt Zeit, die kniffligste Frage zu lösen: Wer soll die äußerst heterogene Gruppe der ImmigrantInnen verschiedener Herkunft im Rundfunkrat vertreten? Schließlich soll der Sitz dort nicht für Einzelinteressen instrumentalisiert werden, so der ausländerpolitische Sprecher der SPD, Eckhardt Barthel. Der Vorschlag von Ismail Kosan (Bündnis 90/ Die Grünen), wonach die Wohlfahrtsverbände einen Vertreter der ImmigrantInnen stellen sollen, stieß zu Recht auf breite Ablehnung. Barthel bezeichnete dies als „antiquiertes Modell“ und wandte sich ebenso wie Karin Dörre (PDS) gegen eine solche „Stellvertreterpolitik“. Die ImmigrantInnen sollten ihre Vertretung selbst bestimmen.
Die SPD favorisiert ein Verfahren, das die Ausländerbeauftragte Barbara John vorgeschlagen hat: Der Immigranten-Vertreter soll von einer Art Delegiertenrat der Immigrantenverbände bestimmt werden. Die Delegierten sollen aus den Verbänden entsandt werden, die auch bei Gesetzesvorhaben angehört werden müssen, die ImmigrantInnen betreffen. Nachdem John mit einem Schreiben nochmals auf diese Beteiligung hingewiesen hat, ist deren Zahl von 13 auf 25 Verbände angestiegen.
Bislang finden sich ImmigrantInnen im Programm der öffentlich- rechtlichen Sender kaum wieder. Deshalb informieren sie sich wie beispielsweise die Türken überwiegend durch in der Türkei produzierte Kabelprogramme und Zeitungen. Der Sprecher des Türkischen Bundes in Berlin-Brandenburg, Safter Cinar, erklärte, daß ein Immigrantenvertreter den Rundfunkrat in vielerlei Hinsicht sensibilisieren könne. Bislang gebe es beim SFB kaum nicht-deutsche Auszubildende. Dorothee Winden
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen