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"Ein Tag zum Feiern"

■ Auch die Berliner Universitäten beteiligten sich am Gedenken zum 8. Mai / Mit ihrer eigenen Rolle im "Dritten Reich" tut sich die Wissenschaft noch immer schwer

Die Literatur zum Nationalsozialismus, die aus den deutschen Universitäten quillt, ist kaum noch zu überblicken. Wenn es aber um ihre eigene Rolle im „Dritten Reich“ geht, werden die Hochschulen einsilbig. Erst mit dem Nachrücken der Generation, deren akademische Lehrer die NS- Zeit nicht mehr selbst erlebt hatten, scheint ein unvoreingenommer Blick auf die Verstrickung der Wissenschaft möglich zu werden. Das zeigte sich auch bei den Veranstaltungen, mit denen die Berliner Universitäten des 50. Jahrestags des Kriegsendes gedachten.

An der Humboldt-Universität (HU) sprach der Wissenschaftshistoriker Rüdiger vom Bruch über die Geschichtswissenschaft im „Dritten Reich“. Er zeichnete minutiös den Gang der einschlägigen Forschung von 1945 bis heute nach. „Die meisten wichen in politisch neutrale Gebiete aus“, lautete die zunächst herrschende These von einer „Nischenmentalität“. Später wurde zugestanden, daß sich viele Historiker an die von den Machthabern „erwünschte Terminologie“ angenähert hätten, ohne sich aber auf eine „Verformung wissenschaftlicher Standards“ einzulassen.

Erst am Schluß kam vom Bruch auf neuere Untersuchungen zu sprechen, nach deren Ergebnissen man von einem Rückzug in unpolitische Forschung nicht mehr sprechen könne. Das betrifft auch innovative Zweige der Disziplin. Was nach dem Krieg „Sozialgeschichte“ hieß, hatte zuvor als „Volksgeschichte“ begonnen. Auf mehrere Fragen nach Theodor Schieder, dem späteren Doyen der bundesdeutschen Geschichtswissenschaft, antwortete vom Bruch jedoch ausweichend.

Das Studentenparlament der HU hatte in Zusammenarbeit mit der PDS unter dem Motto „50 Jahre ... und immer noch nichts dazugelernt?“ eine Projektwoche organisiert. Höhepunkt war ein „dies academicus“ zum Thema „Ausgrenzung und Integration“, der mit einem Hoffest ausklang, weil der 8. Mai „trotz aller Brisanz auch ein Tag zum Feiern ist“. Noch bis 22. Juni ist im HU-Foyer die Ausstellung „Vernichtungskrieg. Verbrechen der Wehrmacht 1941–1944“ des Hamburger Instituts für Sozialforschung zu sehen.

Das Otto-Suhr-Institut der FU hatte zum 8. Mai den früheren polnischen Außenminister Krysztof Skubiszewski eingeladen. Er sagte, das Datum der Befreiung sei für Polen nicht der 8. Mai, sondern das Jahr 1989. Anders als Friedrich der Große und Bismarck hätten die Deutschen heute begriffen, „was für ein Segen es ist, keine gemeinsame Grenze mit Rußland zu haben“. Dennoch fehle dem Westen eine „große politische Strategie für diese historische Wendezeit“, zu der auch die Aufnahme Polens in Nato und EU gehören müsse.

Eine weitere Veranstaltungsreihe beschäftigte sich mit der Vergangenheit einzelner Disziplinen. Der Althistoriker Alexander Demandt und der Jurist Uwe Wesel beschäftigten sich mit Geschichts- und Rechtswissenschaft. Während Wesel dafür plädierte, „Autorität zu beseitigen“, war Demandts Diagnose pessimistisch: „Die Erinnerung an Auschwitz wird nicht verhindern, daß der Ruf nach dem starken Mann wiederkommt, wenn die Situation wieder da ist, die Hitler an die Macht brachte.“

TU-Präsident Dieter Schumann meinte in einer Erklärung zum 50. Jahrestag des Kriegsendes, der 8. Mai sei für seine Uni Anlaß zu der Frage, ob und wie sie ihrem Gründungsauftrag gerecht geworden sei und ihm künftig gerecht zu werden gedenke. Mit der Integration der Gesellschaftswissenschaften sollte 1946 die Konsequenz aus dem Versagen der alten Technischen Hochschule im Nationalsozialismus gezogen werden. Der Fachbereich Erziehungswisssenschaft der TU veranstaltete einen Fachbereichstag zum Thema „Nationalsozialismus und Erziehung heute“. Mit einer Ausstellung gedachten die TU- Mathematiker ihres Kollegen Ernst Mohr, der 1944 wegen „wehrkraftzersetzender Äußerungen“ verurteilt wurde. Ralph Bollmann/Matthias Fink

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