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Neue Militär-Wache

■ Appell für die Aufstellung der historischen Generalsstatuen vor der Neuen Wache Unter den Linden

Zahlreiche Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens haben an das Bundeskanzleramt appelliert, die Statuen der preußischen Generäle Gerhard von Scharnhorst und Friedrich Wilhelm Bülow wieder neben der Neuen Wache Berlin aufzustellen. Karl Friedrich Schinkel habe zusammen mit Daniel Christian Rauch und Gottfried Schadow ein deutsches Gesamtkunstwerk von europäischer Bedeutung geschaffen, heißt es in dem gestern veröffentlichten Appell.

Im Bewußtsein einer gemeinsamen Absage an jede Rechtfertigung des Militarismus bitten die Unterzeichner die Verantwortlichen, ihre Einwände gegen die Aufstellung der Standbilder aufzugeben.

Gegen die Aufstellung der Generäle ist vor allem Arne Kollwitz, Enkel der Bildhauerin und engagierten Pazifistin Käthe Kollwitz (1867–1945). Eine vergrößerte Nachbildung der Kollwitz-Pieta „Mutter mit totem Sohn“ ist Mittelpunkt der im November 1993 in der Neuen Wache eingeweihten Zentralen Gedenkstätte der Bundesrepublik für die Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft. Der Enkel hatte angedroht, im Falle der Wiederaufstellung der Generäle die Plastik zu entfernen. Seiner Ansicht nach vertragen sich die Militärstandbilder nicht mit den Absichten seiner Großmutter, die Pazifistin gewesen sei.

Arne Kollwitz hatte bei der Aufstellung der Figuren das Einverständnis des Regierenden Bürgermeisters Eberhard Diepgen und das von Bundeskanzler Helmut Kohl erhalten, daß die Generäle nicht wieder aufgestellt würden. Auf dieser Verabredung besteht der Enkel. Bereits in der Vergangenheit hatte Kollwitz gedroht, die Pieta wieder einzuschmelzen.

Die Unterzeichner des Appells sehen in den Statuen einen geistigen und künstlerischen Bestandteil der kostbaren Schöpfung aus der kurzen Glanzzeit Preußens. „Die Unverletzlichkeit eines großen Kunstwerkes in der Mitte Berlins und die Aufgabe einer nationalen Gedenkstätte sollten sich über die Brüche der deutschen Geschichte und über Meinungsverschiedenheiten hinweg vereinbaren lassen.“ Auch die Berliner Denkmalschützer hatten in der Vergangenheit darauf verwiesen, daß die beiden Generäle sich an den griechischen und römischen Philosophengestalten orientieren würden und nicht „militärisch“ zu verstehen seien.

Zu den Unterzeichnern gehören die Verleger Wolf Jobst Siedler und Klaus Wagenbach, die Schriftsteller Günter de Bruyn, Lew Kopelew, Heiner Müller und Peter Wapnewski sowie der Historiker Michael Wolfssohn, der Architekt Daniel Libeskind und Edzard Reuter. dpa

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