: Die Stasi spaltet die PDS Kreuzberg
■ Ex-IM Dirk Schneider bewirbt sich für das Berliner Abgeordnetenhaus
Seit über drei Jahren sind die Kontakte des PDS-Aktivisten und ehemaligen grünen Bundestagsabgeordneten Dirk Schneider zu offiziellen Stellen in der DDR bekannt. Jetzt hat sich die PDS Kreuzberg des Themas angenommen, um sich heillos zu zerstreiten. Thesenpapiere, Minderheitsvoten und Mißtrauensbekundungen stapeln sich im Kreuzberger PDS- Büro, die bunte Truppe hat sich zum Stellungskrieg formiert. Anlaß ist Dirk Schneiders Bewerbung um einen Platz auf der Landesliste der Berliner PDS für die Abgeordnetenhauswahlen im Herbst. Allerdings spielt die Kritik, die an der zu stark ideologisch ausgerichteten politischen Arbeit Schneiders in der PDS Kreuzberg geäußert wurde, auch eine Rolle.
Mit Mehrheit hatte die Mitgliederversammlung der Kreuzberger PDS Dirk Schneider für die Kandidatur auf der Landesliste vorgeschlagen, sie wird von der PDS am Wochenende aufgestellt. Doch in einer „Minderheitserklärung“ werfen ihm Kritiker des Beschlusses, darunter der Koordinator der Westberliner PDS, Udo Wolf, vor, er sei „unglaubwürdig“. Er habe es „vermieden, über das Ausmaß der Gespräche, welche Personen aus grünen, linken und linksradikalen Zusammenhängen Gegenstand der Zusammenarbeit mit dem MfS waren, befriedigend Aufschluß zu geben“. Bei einer Kandidatur Schneiders bestünde die Gefahr, daß die PDS aus dem genannten Spektrum nicht gewählt werden würde. Die Mehrheit des vierköpfigen Kreuzberger Bezirksvorstands schloß sich dieser Kritik an, auch wenn Sprecher Michael Prütz hofft, die Wogen noch glätten zu können. Nur wenn die PDS sich zusammenreiße, sei in Kreuzberg ein Erfolg möglich.
„Hier soll ein mißliebiger Genosse mundtot gemacht werden, ohne hieb- und stichfeste Beweise vorzulegen“, haben die Schneider- Befürworter inzwischen gekontert und dem Bezirksvorstand in mehreren Erklärungen das Mißtrauen ausgesprochen. Dirk Schneider selbst spricht von infamen Beschuldigungen, die in dieser Schärfe nicht einmal von den Grünen vorgetragen worden seien. Er stehe zu seinen Kontakten. Er habe „politische Gespräche“ geführt und greift dann zur Rechtfertigungsformel aller Stasi-Spitzel: „Ich habe niemandem geschadet.“ Seine Gesprächspartner hätten sich als Vertreter des Ministerrates ausgegeben. Ob sie von der Stasi gewesen seien, wisse er nicht.
Die letzten drei Jahre hat Dirk Schneiders Vergangenheit in der Kreuzberger PDS kaum jemanden interessiert. Zwar gab Schneider 1991 sein Abgeordnetenhausmandat zurück, nachdem seine Kontakte öffentlich geworden waren, doch das hinderte seine GenossInnen nicht daran, ihn anschließend für den PDS-Landesvorstand zu nominieren. Nach parteiinternen Auseinandersetzungen war Schneider Anfang des Jahres aus dem Landesvorstand zurückgetreten. Christoph Seils
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