■ Standbild: Die Lolita und die Witwe
„Blut an der Wiege“, Mittwoch, 20.15 Uhr, RTL
Gute Zeiten, schlechte Zeiten in RTL. Zwischen ausnehmend guten Produktionen („Der Amokläufer“) und eher mäßigen („Eine Mutter kämpft um ihren Sohn“) pendeln sich die Fernsehspiel-Eigenproduktionen der Kölner auf ein diffuses Mittelmaß ein. „Blut an der Wiege“ von Markus Fischer ist – schon allein des Titels wegen – zwar kein Film, den man guten Freunden weiterempfiehlt. Aber vollkommen daneben ist er auch nicht.
Dafür ist seine Geschichte zu schräg. Die Dramaturgie ist so verdreht, daß kein dem Konsenszwang ausgesetzter Redakteur der Öffentlich-Rechtlichen ein derartiges Buch zur Verfilmung freigegeben hätte. Die Geschichte beginnt wie ein Remake von Adrian Lines Kernfamilienthriller „Fatal Attraction“. David Bergers Frau Edith ist schwanger. Nach einem Seitensprung auch seine Geliebte Lisa. Beim Versuch, die hartnäckig sich an ihn klammernde Frau loszuwerden, fällt Werber Berger sein eigenes Ruderboot auf den Kopf, und er ist tot. Das geschieht ihm recht.
Worauf praktisch ein neuer Film beginnt. Nicht wissend, daß sie die Geliebte ihres Mannes war, lädt Edith Lisa ein, bei ihr zu wohnen. Die Frauen verstehen sich gut und quälen das britische Au-pair-Mädchen. Zwischendurch verliebt sich Kommissar Max in die immer verrückter werdende Lisa. Wie Dale Cooper aus „Twin Peaks“ spricht Max unentwegt halbgares Zeug auf sein Diktaphon. Atmosphärisch hingegen versucht „Blut an der Wiege“ diese Claude-Chabrol-Filme zu imitieren, bei denen man eine Zeitlang interessiert zuschaut, weil man nicht genau weiß, worauf die Geschichte hinausläuft.
Trotz seiner schrillen Mixtur der Motive kommt der Film nicht auf den Punkt. Da er wahrscheinlich für den Export produziert wurde, treten nicht die geringsten topographischen oder regionalen Eigenheiten hervor. Die Szenerie bleibt stets konturlos und geschmacksneutral wie ein animierter Ikea-Katalog. Auch handwerklich knirscht es. Wechseln die Akteure mehr als zwei Sätze miteinander, so wirkt die Szenerie dröge und stumpf. Die Dialoge sind nicht die geschliffensten. Und auch die Akteure spielen einfach zu steif, um die Psycho-Szenerie zwischen der verrückten Lolita und der reichen Witwe glaubhaft werden zu lassen. Manfred Riepe
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