Ein seltsames Paar Wiener

■ Neu im Kino: „Indien“ von Paul Harather, ein kabarettistisches Stück Kino über zwei herzallerliebste Nervensägen

Das ist schon eine Leistung, wie der Alfred Dorfer gleich in der ersten Einstellung „Danke – ganz lieb“ sagt und man sofort weiß, daß man sich hier für die Dauer eines Filmes über eine von diesen Nervensägen aufregen darf, die man im realen Leben keine fünf Minuten als Tischnachbarn ertragen könnte. Im Kino läßt sich dafür umso herzhafter über sie lachen.

Als zwanghaft ordentlicher Streber – immer politisch korrekt und betroffen – muß sich Dorfer in der Rolle des Kurt Feller mit Josef Hader herumärgern, denn dieser spielt Heinzi Bösel, einen begnadet widerlichen Spießbürger. Beide reisen als „Inspektoren des Gast- und Hotelgewerbes“ zusammen durch senlos von Indien, dem anderen fällt dazu nur ein, daß die Indianer ein Fort nie in der Nacht eingreifen, und so reden die beiden in ausgefeilten Dialogen voller böser Pointen immer gnadenlos aneinander vorbei. Der Film basiert auf einem Theaterstück, das die beiden Hauptdarsteller zusammen geschrieben haben. Dies merkt man ihm deutlich an. Auch wenn Hader und Dorfer im Auto durchs Land fahren und man die Inneneinrichtungen von vielen, durchweg miefigen Gasthäusern kennenlernt, ist „Indien“ alles andere als ein Roadmovie. Regisseur Paul Harather versucht auch gar nicht mit filmischen Taschenspielertricks wie raffinierten Kameraschwenks oder Schnitten zu kaschieren, daß er hier schlichtweg Kabarett verfilmt. Das klingt schon fast wie ein vernichtendes Urteil. Und es würde auch buchstäblich nichts von diesem Film übrigbleiben, wenn Dorfer und Hader die Trottel nicht so genau und boshaft portraitieren würden. Ihre trockenen Dialoge haben sie sich jedenfalls auf den Leib geschrieben hätten.

Die beiden werden aber dermaßen lebendig verkörpert, daß sich Dorfer und Hader sogar trauen dürfen, das sichere Feld der komischen Streitereien zu verlassen. Zum Schluß wird das Paar sogar immer gefühlvoller und sogar tiefschürfender. Nachdem Fellner schwer erkrankt in ein Hospital eingeliefert wird, besucht ihn Bösel regelmäßig und steht ihm beim Sterben bei. Die beiden verwandeln sich plötzlich vor unseren Augen von Karikaturen in fühlende, durchaus sympathische Menschen. Im ersten Drittel des Films hätte man es nie für möglich gehalten, daß man einem der beiden auch nur eine Träne nachweinen würde, und doch endet der Film erstaunlich bewegend.

Für die Auswertung in Deutschland wurde der Film zwar nicht gerade komplett untertitelt, aber einige österreichische Wörter und Wendungen werden dankenswerterweise am unteren Bildrand übersetzt. So erfährt man, daß in Östereich ein Wandschrank auch „begehbarer Kasten“ heißt und eine Hecke ist ein „lebender Zaun“.

Natürlich ist dies auch eine österreichische Variante des Films „Ein seltsames Paar“ mit Walter Matthau und Jack Lemmon. „Indien“ ist vulgärer, anarchischer, sentimentaler und dreckiger als sein Vorläufer. A Schmäh halt, aber fesch ! Wilfried Hippen

Cinema, tägl. 21 Uhr