: Zaire kämpft mit dem Ebola-Virus
■ Da die am stärksten betroffene Stadt Kikwit auf der wichtigsten Fernstraße Zaires liegt, ist Eindämmung schwierig
Berlin (taz) – In Zaire konzentrieren sich nationale und internationale Bemühungen auf die Eindämmung des tödlichen Ebola- Fiebers, nachdem die Weltgesundheitsorganisation (WHO) den Tod von 34 Ebola-Patienten definitiv bestätigt hat und weitere vermutet werden. Offiziell läuft alles wie am Schnürchen: Mungul Diaka, Gouverneur der Provinz Kinshasa, in der die zairische Hauptstadt gleichen Namens liegt, hat die Schließung der Grenze zur östlich liegenden Nachbarprovinz Bandundu angeordnet, in deren zweitgrößter Stadt Kikwit die Seuche zuerst registriert wurde. Kikwit selbst wurde bereits am Dienstag unter „Quarantäne“ gestellt, ein Verlassen der Stadt ist nur nach einer Gesundheitsprüfung erlaubt.
Die Realität sieht aber offenbar ganz anders aus – nicht verwunderlich, da es in Zaire kein geordnetes Staatswesen gibt. Die Quarantänemaßnahme hat die Bewohner Kikwits so sehr beunruhigt, daß sie jetzt verstärkt versuchen, ihre Stadt zu verlassen, während die örtlichen Sicherheitskräfte sich teuer dafür bezahlen lassen, daß sie eine Ausreise gewähren. In der Fünfmillionen-Metropole Kinshasa wächst somit die Angst. Nach Kikwit sind nämlich auch Ebola- Fälle in den nahegelegenen Orten Masongo und Yassa Bongo aufgetreten – ein Verdachtsfall wurde sogar aus Kenge gemeldet, das auf halbem Wege zwischen Kikwit und Kinshasa liegt.
Kikwit, dessen Bevölkerung sich in den letzten vier Jahren auf 600.000 Menschen verdoppelt haben soll, ist ein zentraler Knotenpunkt Zaires. Es ist die erste größere Stadt auf der wichtigsten Fernstraße des Landes, die aus Kinshasa in den Kupfergürtel im äußersten Süden führt. Nächster größerer Ort hinter Kikwit ist Tschikapa, bekannt als der Ankunftsort für die illegal aus Angola geschmuggelten Diamanten, mit denen die dortigen Unita-Rebellen zeitweise ihren Krieg finanzierten. Somit ist Kikwit Transitstation – was die Einschleppung und Verbreitung von Epidemien begünstigt. Die Provinz Bandundu, in der Kikwit liegt, ist sehr fruchtbar und beliefert die Hauptstadtregion mit Lebensmitteln, was Wanderbewegungen begünstigt und zugleich die verordnete Abriegelung der Provinzgrenze problematisch macht.
Nach wie vor werden aus Kikwit täglich neue Erkrankungen gemeldet. Ärzte und Experten aus verschiedenen Ländern sind inzwischen nach Zaire unterwegs, um das exakte Ausmaß der Seuche festzustellen und Gegenmaßnahmen einzuleiten. Der deutsche Arzt Joachim Keisler, der heute im Auftrag der internationalen Föderation der Rotes-Kreuz- und Roter-Halbmond-Organisationen nach Zaire abreist, sagte der taz, es gehe unter anderem darum, in Zusammenarbeit mit dem „relativ gut funktionierenden“ zairischen Roten Kreuz zusätzliche Krankenhauskapazitäten zu schaffen. Gegenwärtig hielten sich die Leute von den Krankenhäusern fern, da viele der Ebola-Opfer Ärzte oder Krankenpfleger seien. „In Kikwit ist das Krankenhaus fast leer, denn die Leute haben furchtbare Angst“, sagte Keisler. „Die Leute, die möglicherweise erkrankt sind, sind in der Bevölkerung versickert oder gehen möglichst weit weg.“ US-Mediziner in Kikwit haben gegenüber der WHO berichtet, daß eine Isolation der Patienten „wegen fehlender Ressourcen“ schwierig sei. D.J.
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