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Goodwill-Trip

■ Antje Vollmer will Sudetendeutsche zum Entschädigungsverzicht bewegen

Bonn (taz) – Bundestagsvizepräsidentin Antje Vollmer ist bereit, im Juni beim Pfingsttreffen der Sudetendeutschen zu sprechen. Die Abgeordnete der Grünen will die Landsmannschaft dazu bewegen, auf irreale Forderungen gegenüber der tschechischen Republik nach Entschädigung zu verzichten, die eine Aussöhnung mit Prag verhindern.

„Fast alles hängt davon ab, wie das Pfingsttreffen verläuft“, erklärte Vollmer gestern. Die Bundesregierung habe unter anderem aus Rücksichtnahme auf die sudetendeutsche Wählerschaft der Union in den vergangenen Jahren auf Versöhnungssignale und Angebote aus Prag nicht oder nur unzureichend reagiert. Eine lähmende Wirkung schrieb die Politikerin gestern der Regierungserklärung Außenminister Kinkels vom März zu, die von der Opposition erzwungen worden war. Kinkel hatte Bonner Entschädigungszahlungen für tschechische NS-Opfer davon abhängig gemacht, daß Prag sich von den Beneš-Dekreten distanziere und über eine Entschädigung für Vertriebene verhandle. Nach dem Eindruck Vollmers führte die Rede zur Verfestigung der Forderungen der Sudetendeutschen, die sich zum ersten Mal von einem Bonner Außenminister „voll vertreten“ gefühlt hätten.

Vollmer forderte, die deutsche Seite müsse das Junktim zwischen der Bereitschaft zur Entschädigung von NS-Opfern und einer Prager Entschädigung für Vertriebene aufgeben. Den Sudetendeutschen will die Politikerin klarmachen, daß sie ihre eigene Sache voranbringen, wenn sie sich ohne jedes Junktim für eine Entschädigung tschechischer NS-Opfer aussprächen. Vollmer fürchtet allerdings auch, daß der begonnene Aussöhnungsprozeß gestoppt wird, „wenn vom Pfingsttreffen die wildesten Töne kommen“.

Antje Vollmer wäre die erste Spitzenpolitikerin des Bündnis 90/ Die Grünen, die vor einem Vertriebenenverband sprechen würde; ihr Schritt käme auch gegenüber dem eigenen politischen Klientel dem Bruch eines Tabus gleich. Hans Monath

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