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■ Die Implosion der FDPDie Lücke nutzen

Wenn es am finstersten ist, erinnert man sich gerne der Wunder der Vergangenheit. Bei der FDP in dieser Stadt ist es gegenwärtig das Mirakel von 1985, als für den Wiedereinzug der FDP in das Abgeordnetenhaus keiner einen Pfifferling gab und dann doch ein Rekordergebnis heraussprang. Der damaligen Auferstehung brauchte es freilich einer von der Baubranche massiv finanzierten Werbekampagne. Gegenwärtig würde selbst solche Hilfestellung kaum ausreichen, die FDP in Berlin noch einmal von der Müllhalde der Geschichte zu zerren. Die Veranstaltung am kommenden Wochenende, die reine Kandidatenaufstellung ohne jede inhaltliche Debatte, ist fast so etwas wie eine idealtypische Aussage über die marode Partei. Denn Programmatik hat die hauptstädtische FDP eh nicht zu bieten. Innovativ waren die Berliner Liberalen nur darin, die einst ausschließlich den Grünen vorbehaltene Fähigkeit zu perfektionieren, jeden Parteitag zur Wasserpistolenschlacht zu verfremden. Am Wochenende darf also wieder gelacht werden.

Die Bedeutung der FDP liegt gegenwärtig allein in der Leerstelle, die sie im Oktober am Wahltag zum Abgeordnetenhaus hinterlassen wird. Erst die liberale Implosion läßt die Hoffnungen auf einen politischen Wechsel in der Stadt zu mehr als einer Wunschvorstellung werden. Eine absolute Mehrheit für Rot-Grün ist nun rechnerisch denkbar – ganz ohne PDS-Spielereien. Derlei Aussichten sollten selbst der bräsigen SPD, der es schwerfällt, sich anderes als das bequeme Sudelbett der Großen Koalition mit der CDU vorzustellen, einige Frühlingskräfte zurückgeben. Damit der Wandel kommt, muß man schon selber einige Vorstellungen entwickeln. Schadenfreude über den Absturz der FDP allein reicht denn doch nicht. Gerd Nowakowski

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