piwik no script img

Zurück zu den Wurzeln

■ Orthodoxe kritisieren PDS-Führung

Berlin (taz) – Nach der Niederlage der PDS bei den Landtagswahlen in Bremen wittern die Nostalgiker in der Partei Morgenluft. „In großer Sorge“ wenden sie sich mit einem Aufruf an das Parteivolk. Ohne die zehn Thesen zu erwähnen, die der Parteivorstand Ende letzten Jahres verabschiedet und der Basis zur Diskussion vorgelegt hatte, sehen die Unterzeichner durch den Kurs der Parteiführung die Zukunft der PDS bedroht.

In wichtigen Fragen sei der „Grundkonsens der Partei“ aufgekündigt worden, klagen sie. „Ohne jede Not“ habe sich die PDS vom Klassenkampf verabschiedet, die Eigentumsfrage zugunsten eines Gesellschaftsvertrages aufgekündigt. Dies gefährde den „Charakter der PDS als konsequente Oppositionspartei“, und letztlich ginge die PDS der SPD bei deren Versuch auf den Leim, „die PDS durch Anpassungsforderungen überflüssig zu machen“.

Gegen den befürchteten Niedergang der PDS empfehlen die Autoren des Aufrufs „die Traditionen einer großen historischen Bewegung“. Die PDS dürfe die Lehren von Marx nicht „leichtfertig zugunsten neuer Moden über Bord werfen“. Die Verbindung von DDR-Herkunft, Verteidigung von Ostinteressen und linker gesamtdeutscher Opposition sei nicht die Schwäche, sondern die „Stärke der PDS“.

Zu den 38 Unterzeichnern gehören so illustre SED-Apologeten wie Harry Nick, der noch im August 1989 im ND in Durchhalte- Artikeln von der „Einheit von Wirtschafts- und Sozialpolitik“ schwärmte und der SED-Geschichtspropagandist Kurt Pätzold. „Die gehörten alle zur ersten Reihe der DDR-Intellektuellen“, kommentierte ein Mitarbeiter im Liebknecht-Haus die Liste. „Nur im Herbst 1989 hat sie niemand gesehen.“ Initiator ist Uwe-Jens Heuer. Der PDS-Bundestagsabgeordnete hatte dem Bundesvorstand bereits auf dem letzten Parteitag vorgeworfen, er wolle mit der Stalinismus-Diskussion verdiente Genossen aus der Partei drängen. Für Ende Mai laden die Unterzeichner alle Genossen und Sympathisanten der PDS ein, um möglicherweise ein neue Plattform aus der Taufe zu heben. Christoph Seils

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen