piwik no script img

Lauscher zu bei PDS

■ Trotz Ankündigung werden Teile der PDS noch nicht bespitzelt / Diepgen wartet auf Vorschläge vom Landesamt

Vom Regierenden Bürgermeister zum Bespitzeln freigegebene Gruppen in der PDS werden bislang nicht mit nachrichtendienstlichen Mitteln überwacht. Anfang März hatte die Entscheidung von Eberhard Diepgen (CDU) noch für bundesweite Furore gesorgt, auf Mitglieder der Kommunistischen Plattform (KPF), der AG Autonome und des ebenfalls in der Partei vertretenen Bundes Westdeutscher Kommunisten (BWK) Undercoveragenten anzusetzen und in Einzelfällen Telefone dieser Mitglieder überwachen zu lassen. Doch bis heute wartet Diepgen – nach der Entmachtung von Innensenator Heckelmann zuständig für das Landesamt für Verfassungsschutz (LfV) – auf Vorschläge aus dem Amt zum „Wie“ der angekündigten Aktion.

Ab wann Teile der PDS nachrichtendienstlich überwacht werden, wie und von wie vielen Mitarbeitern, wollte Diepgen trotz Fragen in der gestrigen Sitzung des Ausschusses für Verfassungsschutz nicht verraten. Das wäre ja, wie wenn Polizisten Einbrechern ankündigen, wann sie welche Wohnungstüren beobachten.

Diepgen hat die Entscheidung, PDS-Teile nachrichtendienstlich überwachen zu lassen, auf Grundlage eines geheimen Berichts von 300 Seiten Länge über die PDS getroffen. Nachdem das Landesamt 34 „sensible“ Seiten entfernt hatte, durften gestern die Fraktionen öffentlich über diesen Bericht diskutieren. Mit Ausnahme der CDU waren sich alle Fraktionen einig, daß im Bericht keine ausreichenden Anhaltspunkte benannt werden, die den Einsatz geheimdienstlicher Mittel gegen Gruppen in der PDS rechtfertigen.

Renate Künast von den Bündnisgrünen bezeichnete Aussagen des Berichts als „theoretische Hirngespinste“. So gebe es etwa keinen Beleg für die Behauptung, der Zeitpunkt für Gewalteinsatz sei bei der PDS erreicht, wenn alle anderen Mittel zur Durchsetzung ihrer politischen Ziele erfolglos geblieben sind. Sie bezweifelte, daß eine Überwachung mit nachrichtendienstlichen Mitteln auf Grundlage des PDS-Berichts rechtlich zulässig sei. Rolf-Peter Lange wertete „zentrale Zitate“ des Berichts als „absurd“. So widerspreche der Verfassungsschutz etwa der PDS-These, daß es sich bei der Bundesrepublik um einen kapitalistischen Staat handelt.

Hans-Georg Lorenz von der SPD bemängelte, der Ertrag nachrichtendienstlicher Überwachung sei „denkbar gering“, der politische Schaden dagegen groß. Elke Herer von der PDS vermutete, daß die Abteilung „Linksextremismus“ im Landesamt eine Legitimation für ihr Fortbestehen suche.

Diepgen, der gestern einen seiner viel zu seltenen humorvollen Tage hatte, reagierte voller Ironie: „Die Ressourcen des Landesamtes für die intellektuelle Auseinandersetzung mit dem Extremismus müssen verstärkt werden.“ Lachend bat er die Abgeordneten, sich bei den nächsten Haushaltsberatungen dem LfV gegenüber von der großzügigen Seite zu zeigen. Dirk Wildt

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen