Machtzentrum Deutsche Bank

■ Auf der Hauptversammlung wurden Forderungen nach Einschränkung der Bankenmacht laut / Ohne Deutsche Bank geht bei Großunternehmen nichts

Berlin (taz) – Über 2.000 Mitglieder aus dem erlesenen Kreis der Deutsche-Bank-Aktionäre erwarteten gestern im Berliner Congress-Centrum gespannt die Riege um Vorstandssprecher Hilmar Kopper. Nach der Pleite der Metallgesellschaft unter der Aufsicht von Deutschbanker Ronaldo Schmitz, nach Koppers Unwortschöpfung anläßlich der Schneider-Pleite („Peanuts“) und mitten in einer Diskussion über die Beschränkung der Bankenmacht durften sich nun Claquere, Nörgler und Kritiker zu Wort melden.

Auch nach 125 Geschäftsjahren thront der einfrauige Bankvorstand erhaben über seinen Aktionären. Im Hintergrund vervollständigt der Aufsichtsrat den smarten Charme eines Parteitages. Ehemalige Banker und engste Freunde aus Industrie und Assekuranz bilden das freundliche Kontrollorgan. Prominenter Wechsel: Der frühere Vorstandssprecher Guth (75) ging, und Trumpf-Chef Leibinger (64) kam.

Der Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre startete auf der Hauptversammlung seine Kampagne für mehr demokratische Kontrolle der Banken. Nicht nur Schuldenerlaß für die Entwicklungsländer forderten sie. „Wir möchten auf den verheerenden Einfluß aufmerksam machen, den die großen Geldhäuser auf die Unternehmen ausüben“, sagte Geschäftsführer Henry Mathews während der Vorstellung einer Broschüre über das „Machtzentrum Deutsche Bank“.

Der Mega-Finanzier sei verantwortlich für die klimaschädliche Energiepolitik der deutschen Stromversorger wie auch für Daimler-Waffenexporte in die Türkei und den Sudan. Deutsche- Bank-Chef Kopper konterte schlapp: „Die Deutsche Bank ist sich ihrer Verantwortung in diesem Bereich bewußt.“ Die kritischen Aktionäre forderten, den Vorstand nicht zu entlasten.

Überraschung, als der Betriebswirtschaftsprofessor und Kämpfer für die Kleinaktionäre Ekkehard Wenger nicht so sehr die mäßige Jubliäums-Dividende von 19,50 Mark (2,7 Prozent auf den aktuellen Aktienkurs) anprangerte, sondern ebenfalls die Bankenmacht. Der prominente Dauergast auf Aktionärsversammlungen forderte, die Deutsche Bank solle auf das Depotstimmrecht, mit dem sie im Namen der vielen kleinen Aktienbesitzer Einfluß auf große Aktiengesellschaften nimmt, verzichten und künftig nur noch Einzelanweisungen von Aktionären umsetzen. Kopper gefiel der professorale Vorschlag nicht. Die Präsenz auf den Hauptversammlungen wäre dann zu gering und Zufallsmehrheiten nicht zu vermeiden. Zufälle sind bislang in der Tat ausgeschlossen. Durchschnittlich werden über 80 Prozent aller Stimmen von Kreditinstituten vertreten. Allein die Deutsche Bank verfügt im Regelfall über eine Sperrminorität: Nichts geht gegen ihren Willen.

Auf wenig Gegenliebe im Vorstand stieß auch die Idee, sich von sämtlichen Aktienpaketen im Eigenbesitz der Bank zu trennen: „Unsere Beteiligungen im Nichtbankenbereich stellen Finanzanlagen dar, die zum Ergebnis der Bank beitragen.“ Dabei hatte noch vor einer Woche der Bankenverband die Machtdiskussion mit dem Argument vom Tisch gewischt, Beteiligungen würden ohnehin schon abgebaut.

Das Ergebnis der zu Redaktionsschluß noch andauernden Versammlung war absehbar: Die Aktionäre werden den Anträgen der Verwaltung parteitagswürdig mit 99 Prozent folgen, indem sie keine Stimmkarten abgeben. Neinsager dürfen sich durch Einwurf einer roten Karte in die Sammelboxen zu erkennen geben. Hermannus Pfeiffer