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Bischöfe sind nie zum Gruseln -betr.: "Erzbischöfliche Seidenstrümpfe", v.16.5.1995

Betr.: „Erzbischöfliche Seidenstrümpfe“ v. 16.5.

Es ist wahrlich ein Kreuz mit den Bremern und ihrem Bleikeller. Erst waren sie nicht von dem Irrglauben abzubringen, die Mumifikation der ausgestellten Herrschaften habe mit irgendwelchen Wirkungen des Bleis – welchen auch immer – zu tun, und nun fügt Ihr Kultur-Redakteur Alexander Musik dem geheimnisumwitterten Ort noch einen weiteren Unglauben hinzu, behauptet er doch keck: „Das normale Gros“ der Pommes-frites-kauenden oder Eislutschenden „Dom-Besucher“ könne sich „in den Bleikammern (!) über die mumifizierten Bischöfe gruseln“.

Mitnichten, Herr Musik! Abgesehen davon, daß Bischöfe nie zum Gruseln sind – zumindest katholische nicht – kann man sich im „Bleikeller“ Nr.3 hauptsächlich über Militärs und Adelige gruseln. Daß erstere zumindest gelegentlich zum Gruseln Anlaß geben oder gaben, wollen wir – bitte schön – doch nicht unterschlagen. Und daß der Adel ein bißchen angestaubt ist, wie die Bleikeller-Mumien, paßt ja auch.

Im sozialfilzokratischen Bremen sollte aber keinesfalls in Vergessenheit geraten, daß dort auch ein früher Sozialfall zu besichtigen ist: Der Tagelöhner Conrad Ehlers. Ihm geben zwei ehrenwerte Herren sozusagen das „Gnadenbrot“ – Stütze gab's Ende des 18. Jahrhunderts noch nicht – damit er sich nach seinem Tode zwecks Mumifikation in den Bleikeller niederlegen lasse. Und da liegt er nun, ein anschauliches Beispiel für Gleichheit und Brüderlichkeit mit Adel und Militär. Zumindest im Tode.

Mit gruseligen Grüßen

Wilhelm Tacke, Hobby-Mumiologe

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