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Allein wider Willen

■ Frauen werden im Alter immer einsamer: Jeder vierte Einpersonenhaushalt in Berlin wird von einer über sechzigjährigen Frau geführt / Angst vor der Pflegebedürftigkeit

Frauen haben eine höhere Lebenserwartung als Männer und führen daher im Alter zumeist ein Single-Dasein. Statistiken belegen, daß in Berlin mehr als ein viertel der 800.000 Einpersonenhaushalte von Frauen über 60 geführt werden. Und je älter die Frauen werden, um so höher steigt ihr Anteil: Bei den über 65jährigen stellen sie bereits mehr als drei Viertel aller Single-Haushalte. Wieviel alte Frauen in Altersheimen untergebracht sind, ist nicht bekannt.

71 Prozent der West- und 42 Prozent der älteren Ostberlinerinnen sind mit ihrer momentanen materiellen Situation zufrieden, haben Untersuchungen kürzlich ergeben. Dies gilt, so gaben die Befragten an, solange die Mieten nicht steigen und das Geld nicht entwertet wird. Trotzdem ist das Alter für alleinlebende Frauen mit vielen Problemen verbunden: Weil die klassische Familienstruktur sich ändert und die Kinder häufig weit von ihren Eltern entfernt wohnen und arbeiten, fehlen die sozialen Kontakte. Damit wächst auch die Angst, bei Pflegebedürftigkeit einmal auf fremde Hilfe angewiesen zu sein.

Eine zentrale Frage der Lebensgestaltung eines jeden Menschen ist, ob das jeweilige Einkommen für die Befriedigung der Bedürfnisse ausreicht. Nur 6 Prozent der älteren Ostberlinerinnen und 44 Prozent der Westberlinerinnen verfügen über mehr als 2.000 Mark monatlich. Sie machen sich Sorgen um ihre finanzielle Zukunft. Aber auch alle anderen befragten Frauen befürchten, daß das eigene Einkommen hinter der Entwicklung der Preise und des allgemeinen Lebensstandards zurückbleibt.

Eine besondere Problemgruppe bilden Frauen, die in nichtehelichen Lebensgemeinschaften gelebt haben. Wenn sie nicht durchgängig gearbeitet haben, können sie nicht genügend Rente beziehen. Oft haben sie wegen Kindererziehung eine Erwerbspause eingelegt oder waren nur teilzeitbeschäftigt. Während verheiratete Frauen häufig eine Witwen- oder Hinterbliebenenrente beziehen und geschiedene Frauen möglicherweise mit einem Versorgungsausgleich rechnen können, droht ihnen die weibliche Altersarmut.

In der Generation der heute über 60jährigen spielt auch der geschlechtsspezifische Unterschied von Bildung und Qualifikation eine wesentliche Rolle, da hier noch das traditionelle Frauenbild vorherrscht, das Frauen zur Familienarbeit und nicht zur Erwerbstätigkeit zwang.

Dadurch konzentrierte sich ihre Beschäftigung auf niedriger entlohnte, frauentypische Berufe. Hinzu kommt, daß die Frauen dieser Altersgruppe stärker von Arbeitslosigkeit betroffen sind als Männer. Daher setzt sich insgesamt die lebenslange Benachteiligung von Frauen auch im Alter fort. Anja Sieber

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