: „Wach auf!"
■ Endlich: Sie verstehen uns /Ein Computersystem erkennt die Stimme seines Users
„Geh schlafen!“ – eine Aufforderung die bisher in Büros eher unüblich ist. In Zukunft könnte sich das ändern, denn damit ist nicht etwa eine müde Sekretärin gemeint, sondern ein Computer. Wenn der nämlich mit dem Spracherkennungssystem „Dragon Dictate“ ausgerüstet ist, wird mit dem Befehl „Geh schlafen“ das Mikrofon aus- und mit dem Befehl „Wach auf“ wieder eingeschaltet. Was noch bis vor kurzem nur für ÄrztInnen und RechtsanwältInnen bezahlbar war, das paßt nun immer mehr auch fürs private Portemonnaie: Spracherkennung am PC.
Es war schon beeindruckend, was die Vertreiberfirma AMPEG in der vergangenen Woche im BITZ an der Uni vorführte. Selbst das Fachpublikum staunte, als Oliver Brandt vom Oldenburger Softwarehändler LCK dem Computer, zwar in abgehacktem Sprechstil aber doch zügig, einige Sätze diktierte und diese umgehend richtig auf dem Monitor erschienen. Auch die verschiedensten Befehle wurden tadellos ausgeführt. „Früher haben die Leute bei Messepräsentationen immer hinter den Wänden nach jemandem gesucht der alles heimlich eintippt. Mittlerweile hat sich das Mißtrauen aber gelegt“, so Petra Kupferschmidt von LCK.
Wer schon mal einem Bankcomputer per Telefon seinen Kontostand entlocken wollte, kennt die bisher üblichen Verständigungsprobleme zwischen Mensch und Maschine. Das neue System, das je nach Ausführung 30-60.000 Worte enthält, erkennt dagegen sogar Problemfälle wie z.B. „Der Junge fiel“ und „Der junge Junge fiel viel“. Auch Dialekte sind kein Problem, der Computer muß sie nur trainieren. Nach dem Erstkontakt die Kennenlernphase: Wer das Programm erstmals bedient, muß in einem 3-4 stündigem Schnelltraining den Rechner auf seine Stimme „eichen“. „Er lernt erschreckend schnell“, so Oliver Brandt von LCK. Das weitere Verfahren erinnert ein bißchen an einen Fremdsprachenkurs, aber eben für eine Maschine: Man soll nämlich 3-4 Wochen täglich etwas mit dem Computer üben. Und dabei kann der Computer sogar tatsächlich eine Fremdsprache lernen. Aber dafür braucht's besonders viel Speicherplatz, den ein normaler PC kaum hat.
„Das System ist absolut behindertengerecht. Man kann es so programmieren, daß sich schon beim PC-Start das Mikrofon einschaltet. Anschließend kann man alle Programme und Dateien per Mikrofon bedienen“, so Agnes Graf von AMPEG, die das System im Bremer Raum vertreiben.
7.000 Mark hat das Vorgängersystem gekostet, viel zu teuer für den Hausgebrauch. Bei „Dragon Dictate“, das auf jedem 486er PC unter Windows läuft, ist das anders. Mit seinem Preis von 2.900 Mark und den vielfältigen Möglichkeiten ist es auch für private Anwender, insbesondere für Behinderte geeignet. sch
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen