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Atairangikaahu strahlt

■ Maori-Königin in Neuseeland unterzeichnet Abkommen mit Regierung über Teil-Landrückgabe / Ein halber Triumph

TurangawaewaeMarae/Berlin (AP/taz) – Eine förmliche Entschuldigung, ein Händeschütteln und die Rückgabe von Land: Das konnten Neuseelands Maoris gestern genießen, als Ministerpräsident Jim Bolger und Königin Dame Te Atairangikaahu in der Ortschaft TurangawaewaeMarae im Beisein Tausender Maoris ein feierliches Abkommen unterzeichneten. Es ist ein Schritt zur Versöhnung zwischen Neuseelands Ureinwohnern und der herrschenden weißen Siedlermehrheit, die im 19. Jahrhundert den Inselstaat eroberte und die Maoris, wenn sie sie nicht umbrachten, in die Marginalisierung drängte.

Der gestrige Vertrag sieht vor, dem größten Maori-Stamm, den Tainui, 15.782 Hektar Land in Regierungsbesitz im Wert von 170 Millionen neuseeländischen Dollar (etwa 180 Millionen Mark) zu übereignen. Insgesamt will die Regierung, die laut Abkommen ihre „tiefe Trauer“ äußert, eine Milliarde Dollar zahlen, um den Landstreit mit der Urbevölkerung Neuseelands beizulegen. Der Streit dreht sich um die Interpretation des sogenannten Waitangi-Vertrages aus dem Jahr 1840, als die britische Krone den damaligen Maori- Landbesitz anerkannt hatte. Denn trotz des Vertrages kam es in den Folgejahrzehnten zu gewaltsamen Landnahmen durch weiße Siedler, in denen die Maoris 98 Prozent ihres Landbesitzes verloren. Das betrachteten die britischen Herren als vom Waitangi-Vertrag gedeckten „legalen Kauf“. Radikale Maoris verlangten demgegenüber in den letzten Jahren unter Berufung auf denselben Vertrag Landrückgabe oder Entschädigungen von bis zu neun Milliarden Dollar.

1994 legte die Regierung Neuseelands schließlich eine „endgültige“ Regelung vor, wonach der Staat den Maoris eine Milliarde Dollar zahlen und danach die Landfrage als abgeschlossen betrachten würde. Dies hatte die Maori-Gemeinschaft gespalten. Während viele traditionelle Führer das Angebot guthießen, forderten junge Radikale einen unabhängigen Staat und begannen mit Protestaktionen – so die gewaltsame Sprengung der Zeremonien in Waitangi zum Nationalfeiertag am 6. Februar und die wochenlange Besetzung öffentlicher Parks. Daraufhin wiederum kam es zu rassistischen Ausbrüchen neuseeländischer Weißer – so rief ein Staatssekretär namens John Carter eine Radio-Talkshow an, gab sich als in der Sonne liegender arbeitsloser Maori aus und brüstete sich seines staatsfinanzierten Faulenzerdaseins; er mußte abtreten. Die Spannungen gründen auch darin, daß nach neuseeländischem Gesetz jeder sich als Maori bezeichnen kann, der sich „als Maori fühlt“, und daß viele eher europäisch aussehende Jugendliche, die unter Verweis auf entfernte Maori-Vorfahren eine neue Identität suchen, sich den Radikalen anschlossen.

Dennoch gab es auch unter richtigen Maoris Mißmut darüber, den Landkonflikt per Federstrich aus der Welt schaffen zu wollen. Mit dem gestrigen Abkommen ist aber nun genau das geschehen. So bleibt abzuwarten, ob die Tainui-Königin die Maoris hinter sich schart. Auch die Tainui bekommen schließlich von den 486.502 Hektar, die sie in den 1860er Jahren verloren, nur 15.782 zurück – drei Prozent. Der Rest, heißt es, befinde sich in Privateigentum und sei daher unantastbar. D.J.

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