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Sonderermittler klagt an

■ Platzt das Verfahren gegen Silvio Berlusconi schon vor der Eröffnung?

Rom (taz) – So recht weiß derzeit niemand mehr, was in Sachen Korruptionsermittlungen noch läuft, und was längst begraben oder auf aussichtslosen Wegen ist. Spektakulär hatte Mailands Sonderkommission zur Aufhellung der gigantischen Bestechungsskandale am Sonnabend die formelle Anklageerhebung gegen Ex- Premier Silvio Berlusconi bekannt gegeben. Der 58jährige Medienmogul soll wegen Beteiligung an Korruption und Verschleierung von illegalen Aktionen vor Gericht.

Gleichzeitig aber erklärte der Generalstaatsanwalt beim römischen Kassationsgericht (vergleichbar unserem Bundesgerichtshof), er habe seinerseits ein Ermittlungsverfahren gegen die Mitglieder der Mailänder Sonderkommission eingeleitet – wegen möglicher Rechtsbeugung. Die Römischen Untersuchungsrichter ziehen dafür das Amtsermittlungsprinzip heran.

Der derzeitige Justizminister Mancuso hatte vorige Woche zwar schwere Vorwürfe gegen die Mailänder Ermittler erhoben – doch seine Untergebenen, die zwecks Überprüfung nach Mailand gesandten Kommissare des Ministeriums, hatten diese Anschuldigungen für unzutreffend erklärt. So ist also völlig unklar, was das Verfahren denn soll, „man müsse der Sache aber jedenfalls nachgehen“, so der Generalstaatsanwalt.

Doch die Verwirrung geht noch weiter: Vor drei Wochen, als der ehemalige Chefermittler Antonio Di Pietro wegen möglicher Kontakte mit Berlusconi – gegen den er früher recherchiert hatte – ins Zwielicht geriet, betonte der Ex- Staatsanwalt ausdrücklich, gegen Berlusconi sei niemals ein Ermittlungsbescheid ergangen, der Mann sei lediglich wegen möglicher Ermittlungen als Zeuge in eigener Sache vorgeladen gewesen. Nun sieht das italienische Strafprozeßrecht aber zwingend vor, daß die Aufnahme eines jeden Ermittlungsverfahrens unverzüglich dem Betroffenen mitgeteilt werden muß (Ausnahme: bei Organisierter Kriminalität und Staatsschutzdelikten). Fehlt dieser Bescheid, ist das Verfahren nichtig.

Insofern kommt nun dem für die Zulassung der Anklage zuständigen Vorermittlungsrichter eine besondere Rolle zu: Nur wenn er den Vorgang als Rechtens anerkennt und zudem die Beweise als ausreichend für eine Anklage ansieht, geht die Sache vor Gericht. Die Prüfung wird daher noch einige Zeit dauern.

Die Anklagen gegen Berlusconi verfolgen im wesentlichen zwei Stränge: die Bestechung von Beamten der Guardia di finanza, die während einer Bilanzprüfung Geld zugesteckt bekommen haben sollen – wobei bis heute nicht klar ist, warum eigentlich, denn Unregelmäßigkeiten wurden da keine entdeckt.

Der zweite Fall betrifft die wahren Besitzverhältnisse bei Pay-TV- Sender Telepiu: Formal hält Berlusconi nur die ihm gestattete Höchstquote von 15 Prozent, doch offenbar hat er bei Verhandlungen mit Käufern und gegenüber anderen Gesellschaftern ein Verhalten an den Tag gelegt, das auf ein sattes Mehrheitseigentum schließen läßt.

Insbesondere letzterer Fall berührt nun zentral die für Juni angesetzten zwölf Referenden, von denen drei die Höchstzahl von Sendern in einer Hand und den Umfang von Werbeeinschaltungen betreffen: Berlusconi versucht mit aller Kraft, die Parteien zu überreden, die Volksbefragungen gesetzlich zu verschieben. Ihm macht schon jetzt ein Urteil des Verfassungsgerichts zu schaffen, das nur noch einen Kanal pro Träger und Eigner zuläßt. Zuvor waren es drei. Werner Raith

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