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Düfte erhöhen Arbeitseinsatz

So tun als ob: Mit unmerklichen Parfümierungen von Büro- und Verkaufsräumen sollen Mitarbeiter und Kunden sanft verführt werden  ■ Von Barbara Dribbusch

Berlin (taz) – Wer die Verkaufsräume des BMW-Autohauses in Frankfurt betritt, dem soll möglichst nichts Besonderes auffallen. Ein Duft von Leder und edlem Holz liegt in der Luft, wie mann es eben von teuren Autos erwartet. Nur daß die BMWs weder Lederpolster noch Wurzelholz-Armaturenbretter haben. Der Hauch von Rolls-Royce kommt vielmehr aus einer kleinen „Aromasäule“ in der Ecke, unmerklich, „immer nur knapp an der Wahrnehmungsgrenze“, beschreibt Hans Voit. Der Gräfelfinger Unternehmer produziert und verkauft Aromasäulen – und gehört damit zur expandierenden Geruchsindustrie, die mit duftigen Illusionen KundInnen verführen und die Stimmung in Büros und Montagehallen aufhellen soll.

Während in den USA inzwischen die Parfümgegner mobil machen, ist hierzulande das öffentliche Beduften erst auf dem Vormarsch. Nicht nur die Raumluft wird geschwängert, auch über die Parfümierung von Produkten wie Dieselöl, Zeitschriften und Autoreifen zerbrechen sich die einschlägigen Marketingfachleute ihr Großhirn. „Die Duftforschung ist beträchtlich ausgeweitet worden“, sagt Hans-Otto Schmidt, Aromapsychologe bei der Bayer-Tochter Haarmann und Reimer in Holzminden.

Was die Japaner schon vor Jahren herausfanden, nützen die Duftstrategen jetzt auch hierzulande: „Citrus-Düfte machen im Kopf frisch und sauber“, behauptet Unternehmer Voit. Seminarräume und Großraumbüros bestückt seine Firma „Voitino“ mit Aromasäulen, die einen zarten Geruch von Grapefruit mit Bergamotte verströmen. Die elektrische Erwärmung der Verdampfungsschalen wird durch eine Zeitschaltuhr gesteuert. „Das geht dann nur so von zwei bis halb drei Uhr nachmittags, da wird eine halbe Stunde beduftet, wenn die Seminarrunde gerade müde geworden ist“, erklärt Voit. Im Schindler-Hof in Nürnberg, im Steigenberger-Hotel in Hamburg, aber auch in Großraumbüros bei Rewe in Frankfurt und beim Elektroplatinen-Hersteller Liebscher in München sorgen die Aromasäulen für „dufte“ Stimmung. Die Geruchsplaner berufen sich dabei auf Forschungsergebnisse unter anderem vom Autohersteller Toyota in Japan. Dort wurde eine Werkhalle systematisch mit Citrus-Düften geschwängert. Ergebnis: der Ausschuß sank dramatisch.

Die Japaner hatten die Nase vorn

Haupteinsatzort der neuen Gerüche sind allerdings Verkaufsräume. In vielen BMW-Niederlassungen riecht es neuerdings nach Leder, Edelholz und Seeluft, „da drehen auch die Damen so richtig auf“, schwärmt Voit. In Modeboutiquen geht es nach der Jahreszeit. Da wird dann schon im Januar der „aprilfrische“ Frühjahrsduft eingelegt, wenn die neue Mode in die Schaufenster kommt. Beim Frühjahrsduft ist es mit ätherischen Ölen getan. Andere Gerüche, wie Leder- oder Kaffeearoma, werden dagegen künstlich hergestellt und als Konzentrat vertrieben. „Kaffeearoma ist beispielsweise in Tankstellen nachgefragt“, erläutert Voit. Wenn im Verkaufsraum die stumme Aromasäule frischen Kaffeeduft verströme, erwache bei manchen Kunden erst der Hunger auf die bunten Schokoriegel vor der Kasse.

„Man sollte die Wirkung von Düften aber nicht überschätzen“, mahnt Aromaforscher Schmidt. Zwar wirken Gerüche direkt auf das limbische System im Hirn, dort nämlich, wo Angst und Wohlbefinden sitzen. Trotzdem aber hätten Farbe, Form und Musik einen ungleich stärkeren Effekt auf das Gemütsleben als noch so wohlkomponierte Düfte. Es sei denn, die Nase werde mit einem unangenehmen Geruch konfrontiert. „Das empfinden wir als Bedrohung, als hätten wir beispielsweise ein Raubtier vor uns. Dann wird ans Überleben gedacht“, schildert Schmidt.

Unangenehme Gerüche zu überdecken, ist daher auch ein großes Gebiet der Aromaforschung. „Dieselöl wird bei manchen Marken schon mit Riechstoffen versetzt“, erzählt der Holzmindener Forscher. Auch Kunststoffverkleidungen in Autos werden „umparfümiert“. Dabei binden neue Duftmoleküle die unerwünschten natürlichen Geruchserzeuger. An Haarmann und Reimer sei auch schon eine Reifenfirma herangetreten, um den Gummimief aus den Lagerhallen zu verbannen, berichtet Karl Sparkuhle, Produktbetreuer in dem Unternehmen. Vor einigen Jahren hat das Chemie- Unternehmen mal versuchsweise eine hannoversche Tageszeitung zum 1. Mai mit Maiglöckchenduft parfümiert. Ein kurzes Experiment: „Bäckereien, in denen die Zeitung auslag, wollten ihren frischen Brotduft nicht beeinträchtigen“, erinnert sich Sparkuhle. Auch von Frauenzeitschriften wird gemunkelt, daß die Papierfalze mit den Duftpröbchen bewußt nicht ganz zugeklebt werden.

Solche Manipulationen sind Umweltschützern ein Graus, die angesichts der künstlich erzeugten Duft-Kakophonie um die Gesundheit fürchten.

Die „Coordination gegen Bayer-Gefahren“ (CGB) in Düsseldorf etwa fordert ein gesetzliches Verbot von Nitro-Moschus-Verbindungen. Die verströmten zwar einen angenehm frischen Duft, stünden aber im Verdacht, Krebs auszulösen. Ferner müsse „die Manipulation von Menschen durch Duftstoffe in Klima- und Zerstäubungsanlagen strengsten Kontrollen unterliegen“, so die CGB in der sozialistischen Gewerkschaftszeitung Express. Solche Vorwürfe stoßen bei den Herstellern auf wenig Verständnis: „Demnächst werden wir auch Fußgängerpassagen beduften“, freut sich Voit. „Da freuen sich doch die Kunden. Die riechen den ganzen Autogestank nicht mehr!“

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