: Nordsee-Bohrinseln: schwimmende Sondermülldeponien
Die Brent Spar, am Rande des Nordsee-Ölfelds Brent gelegen, diente dem Shellkonzern als Lager- und Verladebasis. 416 Bohrinseln ankern in der Nordsee, 208 davon in britischen Gewässern. Keine der Plattformen mit einer durchschnittlichen Lebensdauer von 25 bis 30 Jahren wurde bisher entsorgt. Die Brent Spar zählt mit ihrer Tankseitenlänge von 140 Metern eher zu den Winzlingen.
Wie von Shell bestätigt wurde, befinden sich auf der 1991 stillgelegten Brent Spar neben rund 100 Tonnen Ölschlamm auch 30 bis 50 Tonnen schwach radioaktive Abfälle, die beim Bohren in teilweise uranhaltigem Gestein unter dem Meer anfallen. Alte Transformatoren und Kondensatoren enhalten hochtoxische, mittlerweile überall verbotene polychlorierte Biphenyle (PCB), die Verhaltensstörungen und Erbgutschäden hervorrufen können. Kohlenwasserstoffe aus Kühlflüssigkeiten und Schmiermitteln, Schwermetalle aus Elektronikschrott und Pestizide gegen Algenbewuchs kommen hinzu. Auf den gut 400 Nordsee-Bohrinseln befinden sich über 20 Tonnen PCB, 2.200 Tonnen radioaktive Abfälle, 50.000 Tonnen verschiedener Öle und 12.000 Tonnen Schwermetalle.
Eine umweltfreundliche Entsorgung ist nicht nur theoretisch möglich. In den USA wurden bisher 914 Bohrinseln im Golf von Mexiko in seichte Gewässer geschleppt, die giftigen Substanzen wurden vorschriftsgemäß entsorgt und die wiederverwertbaren Bauteile demontiert. Nur einige der gereinigten Stahlgerüste wurden als künstliche Riffe ins Meer versenkt.
Greenpeace-Experte Simon Reddy schätzt die Recyclingkosten aller Nordsee-Bohrinseln auf sieben bis zehn Milliarden Mark, verteilt auf 30 Jahre. „Ein minimaler Betrag“, sagt er, „wenn man bedenkt, daß Großbritannien bislang über 225 Milliarden Mark an Steuern durch das Nordseeöl eingenommen hat.“Marter/lieb
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