Zweimillionster Benz: gedämpfte Stimmung

Zu einer „Feier der Belegschaft“ hatte gestern das Management des Bremer Mercedes-Werkes die Presse eingeladen. Wer allerdings glaubte, ganz Mercedes feiert eine rauschende Party, der irrt. Lediglich ein „repräsentativer Querschnitt der Belegschaft“ war bei der Feier anwesend“, stellte Werkleiter Rudolf Stark klar. Ein Arbeiter der am anderen Ende der Halle Cockpits montierte und nicht zu diesem Querschnitt gehörte, fand das ziemlich ungerecht: „Entweder es feiern alle oder keiner, es haben ja auch alle mit gearbeitet.“ Das einzige, was alle vom zweimillionsten Benz-Personenwagen hatten, war eine Telefonkarte. Das Band stand während der Feier nur ganze sieben Minuten für eine ganz normale „Blockpause“ still.

Feiern allerdings durfte zum Beispiel Heike Schubert, die sonst die Autos verkaufsfertig macht. Sie eröffnete mit vor Aufregung stockender Stimme das „Fest“. Den Anlaß würdigte sie nur kurz – sie nutzte die „günstige Gelegenheit“ für eine Kiritk am Management: Besonders stört die Belegschaft laut Heike Schubertdie Samstagsarbeit und die schwankende Tagesproduktion – mal müssen sie 270 Autos produzieren, mal 340 an einem Tag.

Die ArbeiterInnen schauten betrübt, nicht zuletzt deswegen, weil der Betriebsrat just gestern sechs Sonderschichten zugestimmt hatte. Als dann endlich der Jubiläums-Benz seinen Auftritt hatte, kam nur verhaltener Beifall. Überdröhnt wurde das Ganze von Donna Summer's „I feel for love“.

Wilhelm Denker, der seit 1978 dabei ist, auf die Frage, was sich im Werk besonders geändert hat: „Früher gab es mehr körperliche Arbeit, heute mehr Streß. Auch die Kameradschaft war größer, heute macht jeder nur seins und kümmert sich nicht um den anderen.“

Nachdem sich alle an Kaffee und Kuchen gütlich getan hatten, verlief sich die ganze Versammlung. Die meisten gingen wieder an die Arbeit, nur Heike Schubert und Andrea Geerken durften zu Feier des Tages nach Hause gehen. sch/Foto: T. Vankann