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Abschieben in den Großraum Afrika

■ Ausländer ohne Papiere sollen in eine „Gesamtregion“ abgeschoben werden

Berlin (taz) – Die Bundesrepublik will AusländerInnen künftig auch dann abschieben können, wenn nicht geklärt ist, aus welchem Staat sie kommen. Personen mit ungeklärter Staatsangehörigkeit sollen in einen der „Gesamtregion zuzurechnenden Vertragsstaat“ zurücktransportiert werden. Rückführungsabkommen mit verschiedenen Staaten sollen absichern, daß diese nicht nur abgeschobene Landsleute aufnehmen, sondern auch Angehörige fremder Staaten ihrer Umgebung.

Zur Prüfung dieser Abschiebemöglichkeit hat die Innenministerkonferenz von Bund und Ländern letzte Woche eine eigene Arbeitsgruppe eingesetzt. Sie soll offenbar ein Dilemma lösen, aus dem sich die Ausländerbehörden derzeit mit zweifelhaften Methoden heraustricksen: Viele AusländerInnen und AsylbewerberInnen haben bei ihrer Einreise nach Deutschland keine Personalpapiere dabei – weil die Heimatbehörden sich weigerten, ihnen entsprechende Dokumente auszustellen, vor allem aber, weil die Betroffenen die Papiere vernichten, um ihre Identität oder ihre Fluchtwege zu verheimlichen.

Für eine Abschiebung in den Heimatstaat müssen jedoch die entsprechenden Ausweispapiere vorliegen. Um diese Dokumente zu bekommen, führen Ausländerbehörden und Bundesgrenzschutz immer häufiger Abschiebehäftlinge zwangsweise in den Botschaften ihrer Heimatländer vor. AsylbewerberInnen ohne Paß wurden oft noch vor einer Entscheidung über einen Asylantrag zur diplomatischen Vertretung des Staates gebracht, aus dem sie – eigenen Angaben zufolge – wegen politischer Verfolgung geflohen waren.

Auf besonders drastische Fälle dieser Zwangsvorführungen hat im vergangenen Monat der niedersächsische Flüchtlingsrat aufmerksam gemacht. Er berichtete zum Beispiel von einem Liberianer, der von den Behörden auf eine Rundreise durch verschiedene afrikanische Botschaften geschickt wurde. Nach dem Motto „Afrika ist Afrika“ führte man den Mann aus Liberia zunächst der Vertretung seines Heimatlandes vor. Dort sprach jedoch niemand die Muttersprache des Mannes „Mandinka“, die eine von 16 Sprachen in Liberia ist. Also bestritt man, daß der Mann liberianischer Staatsbürger sei. Die Ausländerbehörde fuhr ihn weiter zu den Botschaften von Sierra Leone, Mali und Nigeria. Alle lehnten die Ausstellung von Papieren ab, da der Flüchtling nachweislich nicht aus ihrem Land stammte. Auf Anraten der für Abschiebungen zuständigen Grenzschutzdirektion Koblenz wandte man sich schließlich an die Botschaft des kleinen afrikanischen Staates Gambia. Der Honorarkonsul Gambias, ein Herr Becker in Düsseldorf, stellte dem Liberianer schließlich einen „Emergency Passport“ aus. Ohne den Flüchtling je gesehen zu haben, urteilte der Konsul, der Mann sei gambischer Staatsbürger. Nachweis für diese Feststellung: „Aussage der Grenzschutzdirektion Koblenz.“

Die von der Innenministerkonferenz eingesetzte Arbeitsgruppe soll diese Praktiken jetzt offenbar vertraglich absichern. Erklären sich verschiedene Staaten zu den angestrebten Rückführungsabkommen bereit, dann könnte es künftig Abschiebungen in die neugeschaffenen Staaten „Afrika“ oder „Asien“ geben. Vera Gaserow

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