Einsam faucht die Nebelmaschine an der leeren Tanzfläche

■ Alles kann man den Berlinern nicht andrehen: „Stylomania“, der Partygag einer Haarkosmetik-Firma, fand in leerer Halle statt

„Schönes Haar ist dir gegeben, laß es leben ...“, sang einst die Frauenstimme in der Werbung. Doch dann kamen die achtziger Jahre und damit auch die frisurenmäßige Wende. „Wet Gel“ sollte auch aus dem lockigsten Wirrkopf ein stromlinienförmiges Haupt machen und es wurde nicht mehr frisiert, sondern „gestylt“. Mit dem Siegeszug des schönen Scheins wurden Claudia, Cindy und Naomi zu den verkaufsfördernden Ikonen der Hochglanzmagazine. Jetzt ist es an der Zeit, das Styling zu demokratisieren, dachte sich eine Haarkosmetikfirma und organisierte einen bundesweiten Partymarathon unter dem Titel „Stylomania“. Jede soll teilhaben können an der „Nacht, die dich zum Model macht“, und beim großen Festival von Haarlack und Care-Schaum endlich zu einer Schiffer mutieren. Belohnung für die Siegerin der Endausscheidung: ein Modelvertrag, was sonst.

Styling-Auftakt ist natürlich in Berlin. Hier, wo die Leute bereit sind, 500 Mark Eintritt bei der Wahl des „Gesichts 94“ zu bezahlen, müssen sie doch sitzen, die „Stylomaniacs“, hatten die Kosmetiker haarscharf geschlossen. Offensichtlich ein böser Irrtum. Ab neun Uhr dröhnt Mainstream- Sound, gepriesen als „Funk and Soul Dance Classics“, durch die gähnend leere Moabiter Universal Hall. Auf der Tanzfläche bewegen sich pinkfarbene Neondreiecke, ab und zu faucht noch die Nebelmaschine, und damit ist auch der defintive Höhepunkt von „Fun, Beauty and Styling unlimited“ erreicht. Kein einziges Möchtegern- Model in Sicht, dafür aber zwei Dutzend aufgeregt-wichtiger Menschen von Veranstaltungs- und Model-Agenturen. Das junge Team eines noch jüngeren Privatsenders lungert gelangweilt herum und harrt der Ereignisse, die bei der „vielleicht (!) styligsten Party des Jahres“ nicht kommen wollen.

Um elf nippen etwa vierzig Gäste in der mehrere tausend Menschen fassenden Halle an ihrer Fünf-Marks-Cola herum. „Berlin ist eben nicht leicht“, stöhnt Sören von der Veranstaltungsagentur. Trotzdem will man durchhalten und gegen ein Uhr auch ohne Zuschauer die „Stylomaniac No. 1“ küren. Das dürfte recht einfach sein, denn bisher haben sich bloß drei Mädels eingefunden. Die dauerlächelnde Petra von der Münchener Modelagentur versteht das, denn es falle halt schwer, sich so auf der Bühne stylen zu lassen. Ohnehin sei alles nur Werbung für die Haarpflege, und der Name der Model-Agentur fungiere eben als Lockvogel. „Aber es geht hier um den Fan“, lügt sie beharrlich, doch gerade der will sich partout nicht einstellen. Letztlich entschließen sich doch noch drei weitere Frauen zur Teilnahme. Die blonde Mandy will nur mal sehen, was man mit ihren Haaren machen kann. Mehr kann sie auch kaum erwarten, hat sie doch das Model-Alter um rund zehn Jahre überschritten. Mandy und Freundin stöckeln auf schwarzen Pumps in den Schminkraum; fünf der vierzig Gäste streben gen Ausgang.

Nach zweieinhalb Stunden Discoberieselung („It's just an illusion ...“) ohne jegliche Styling- oder sonstige Aktion gibt auch die Rezensentin auf. Zurück bleiben die sechs Haarspray-Kanidatinnen, die weiter auf den Durchbruch bei der langstyligsten Party des Jahres hoffen. Dorthe Ferber