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DDR-Bausoldat soll zur Bundeswehr

■ „Schmierige Tricks“: Kriegsdienstverweigerer aus der DDR wurde einberufen / Bundeswehr ignoriert Verweigerung

Wer in der DDR für den Dienst in der Volksarmee für tauglich befunden wurde, ist es für den Dienst in der Bundeswehr allemal. Doch wer zu Honeckeres Zeiten den Dienst mit der Waffe aus Gewissensgründen verweigerte, muß noch lange kein Kriegsdienstverweigerer im vereinigten Deutschland sein.

Holger Reichel stellte bei seiner Musterung 1988 im damaligen Karl-Marx-Stadt einen Antrag auf Kriegsdienstverweigerung. Weil es damals keine anerkannten Kriegsdienstverweigerer gab, wurde Reichel für den Ersatzdienst als Bausoldat gemustert, der statt mit der Waffe Dienst mit dem Spaten versieht. „Somit wurde er anerkannter Kriegsdienstverweigerer“, meint die Kampagne gegen Wehrpflicht.

Doch das sieht das Kreiswehrersatzamt anders. Obwohl in Reichels Akten der damalige Antrag auf Kriegsdienstverweigerung enthalten ist, wurde er zur Nachmusterung bestellt. Mitte Mai flatterte dem Fensterputzer dann der Einberufungsbescheid ins Haus. „Das ist eine Schweinerei“, sagte Reichel zur taz. Gegen die Einberufung hat er Widerspruch eingelegt. Er wurde weder gefragt, ob er seinen Antrag aufrechterhalte, noch wurde dieser bearbeitet. Die Kampagne gegen Wehrpflicht findet das Verhalten des Kreiswehrersatzamtes „skandalös“.

Reichel, der am 4. Juli 25 Jahre alt wird, gehört zu den nacherfaßten Jahrgängen 1970 und 1971. „Um diese Jahrgänge noch vor dem Überschreiten der Altersgrenze von 25 Jahren einberufen zu können, schreckt das Kreiswehrersatzamt auch nicht vor rechtswidrigem Verhalten zurück“, klagt Andreas Schroth von der Kampagne. „Mit diesen schmierigen Tricks kommt die Bundeswehr nicht durch“, ist Schroth überzeugt.

Kürzlich hatte die Kampagne gegen Wehrpflicht Antwort auf ihre Petition an den Bundestag erhalten, die sich gegen die nachträgliche Erfassung, Musterung und Einberufung der Jahrgänge 1970 und 1971 richtete. Aufgrund der geburtenschwachen Jahrgänge und der drastisch angestiegenen Zahl von Wehrdienstverweigerern seien die Kreiswehrersatzämter angewiesen, so die Antwort des Petitionsausschusses, alle verfügbaren Wehrpflichtigen zum Wehrdienst heranzuziehen.

Auch bei den etwa 1.200 Berlinern, die am 3. Juli ihre Einberufungsbescheide erhalten, ist eine „starke Gruppe“ der nacherfaßten Jahrgänge dabei, so Schroth. Bei den im Juli einberufenen Jahrgängen 1976 und 1977 geht die Kampagne von einer Verweigerungsrate von bis zu fünfzig Prozent aus. Bei jüngeren Jahrgängen könne der Anteil noch höher liegen. „Es ist mittlerweile bis in die Hauptschulen vorgedrungen, daß es ein Grundrecht ist.“ Barbara Bollwahn

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